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Exkursion „Radschnellweg Darmstadt – Frankfurt und Radverkehrsanlagen Darmstadt“

Zur Exkursion „Radschnellweg Darmstadt – Frankfurt und Radverkehrsanlagen Darmstadt“ der VSVI Bezirksgruppe Saar in Kooperation mit der htw saar begrüßten Christina Krüger (Verkehrsplanerin der Stadtverwaltung Langen), Uwe Petry (Geschäftsführer VAR+) und in Vertretung für Jochen Hahn (Landesbetrieb für Straßenbau, Fachbereich Straßenplanung) Prof. Dr.-Ing. Thorsten Cypra (htw saar) alle 16 Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Rathaus in Langen.

Teilnehmerschaft und Veranstalter der Exkursion Radschnellweg & Radverkehrsanlagen Darmstadt/ Frankfurt (Foto: VAR+)

Schon bei der Begrüßung wurde die Wichtigkeit von Fahrradmobilität im Straßenverkehr verdeutlicht. „Kopf an, Motor aus“ hieß es von Dipl.-Ing. Uwe Petry (Büro VAR+), der die Veranstaltung organisierte. Es ist von großer Wichtigkeit, die endlichen Flächen effizient zu nutzen und nicht dem immer noch wachsenden Kfz-Aufkommen auf den Straßen anzupassen. Nicht nur kurze, sondern auch längere Wege sollen mit dem Fahrrad einfach und sicher zurückgelegt werden können.
Nach diesen inspirierenden Worten startete die eine Gruppenhälfte in Langen zur 17 Kilometer langen Strecke mit den zur Verfügung gestellten Pedelecs zum Radschnellweg nach Darmstadt. Die andere Hälfte startete ihre Tour am Darmstädter Hauptbahnhof, um verschiedene Radverkehrsanlagen in Darmstadt unter fachlicher Führung zu besichtigen.

 

TOUR 1 – Radschnellwegverbindung Frankfurt – Darmstadt

Hintergrund

Der Regionalverband FrankfurtRheinMain prüfte im Herbst 2015 die Möglichkeit einer Radschnellverbindung zwischen Darmstadt und Frankfurt in einer Machbarkeitsstudie. Im Jahr 2018 wurde das Projekt von der Regionalparkgesellschaft Südwest GmbH mit Unterstützung der Hochschule Darmstadt in Angriff genommen. Bereits am 6. Juni 2019 konnte der erste Bauabschnitt zwischen Egelsbach und Wixhausen eröffnet werden. Im Oktober 2022 folgten weitere Bauabschnitte bis zum Langener Bahnhof. Ein neues Brückenbauwerk über den Mühlbach wurde im März 2024 fertiggestellt. Damit ist die Radschnellverbindung von Langen-Süd bis Darmstadt-Nord auf 8 km Länge durchgängig befahrbar.
Die Mittel für das Vorhaben werden vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum sowie vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur bereitgestellt. Die Förderquoten variieren je nach finanzieller Leistungsfähigkeit der betroffenen Kommunen.

Beginn Radschnellweg Darmstadt – Langen (Foto: Kruch)

 

Radbrücke auf dem Radschnellweg (Foto: Uwe Petry/VAR+)

Nach Abschluss aller Teilmaßnahmen wird die Radschnellverbindung mit hohen Qualitätsstandards voraussichtlich etwa 35 km lang sein und die Oberzentren Darmstadt und Frankfurt auf direktem Weg entlang der Bahnlinie verbinden. Die Stadt Darmstadt hat auch bereits innerorts erste Maßnahmen entlang der Neckarstraße durchgeführt.
Um eine durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von 20 km/h zu erreichen, werden Radschnellwege direkt und mit geringer Steigung geplant, die Wartezeiten reduziert und eine hohe Oberflächenqualität hergestellt. Die Breite der Verbindungen soll das Nebeneinanderfahren, Überholen und störungsfreie Begegnen erleichtern.

 

Radschnellweg mit solarbetriebener Beleuchtung (Foto: VAR+)

 

Eine konfliktfreie Führung getrennt von Kfz und Fußverkehr werden immer angestrebt. In der Regel wird ein eigener Gehweg für Fußgänger vorgesehen.
Dabei sind die Radschnellverbindungen im Zweirichtungsverkehr 4 Meter breit und im Einrichtungsverkehr 3 Meter. Die Raddirektverbindungen können sowohl straßenbegleitend als auch auf Nebenstraßen geführt werden.

 

Radschnellweg mit Nebeneinanderfahren, Fußgängerweg und Haltestelle (Foto: Kruch)

Befahrung

Uwe Petry, als Exkursionsleiter auf dem Radschnellweg, verdeutlichte, dass diese neue Führungsform erheblich zu einer Verlagerung vom Kfz auf den Radverkehr auf überörtlichen Strecken beitragen kann. Es wurden an 13 Stopps Maßnahmen zu den folgenden Themen erörtert:

• Fahrradstraße
• Schnittstelle Rad+ÖPNV / Bike+Ride
• Führung am Kreisverkehr
• Neue Brücken
• Wahlfreie Führung
• Querungen von Hauptverkehrsstraßen

Mit zur Verfügung gestellten Pedelecs führte Uwe Petry die Exkursionsteilnehmer auf dem Radschnellweg zwischen Darmstadt und Langen (Foto: VAR+)

 

An Konfliktstellen oder beim Verkehrsaufkommen Fuß und Kfz können Geschwindigkeitsreduzierungen vor allem im innerstädtischen Bereich eine Lösung sein und den Radverkehr attraktiveren.

 

Beispiel einer Führung des Radschnellwegs innerorts (Foto: VAR+)

Zur Verbesserung des Gesamtverkehrssystems erläutert Herr Petry, dass der flächensparende Radverkehr (Radverkehr braucht nur 1/7 der Fläche beim Fahren und nur 1/10 der Fläche beim Parken) einen erheblichen Beitrag leisten kann. Als Beispiel nannte er die um ca. 150.000 Einwohner gewachsene Stadt Frankfurt.
Nur durch eine neue Flächenverteilung pro Rad ist es möglich, die Verkehrsansprüche für alle zu gewährleisten. Wenn die Radverkehrsförderung mit hoher Qualität und Ernsthaftigkeit angegangen wird und alle Einwohner die Möglichkeit erhalten, sichere Radmobilität zu erfahren, werden sich mehr Menschen entscheiden, auf das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel umzusteigen.

 

Zügiges Vorankommen auf dem Radschnellweg Darmstadt – Frankfurt (Foto: Cypra/htw saar)

 

TOUR 2 – Radverkehrsanlagen in Darmstadt

Die Tour wurde von Herrn Huth vom Sachgebiet Nahmobilitätsplanung des Mobilitäts- und Tiefbauamts der Wissenschaftsstadt Darmstadt geleitet. Herr Huth erläuterte, dass es in Darmstadt mit 22% einen relativ hohen Radverkehrsanteil gibt. Begünstigende Faktoren dafür sind neben der kompakten Siedlungsstruktur und drei Hochschulen eine gute Radinfrastruktur.
Im Jahr 2019 wurde – inspiriert vom Darmstädter Radentscheid – eine Radstrategie mit 34 Infrastrukturmaßnahmen, 16 Millionen Euro Investitionsvolumen und 4 Planerstellen beschlossen. Diese 34 Maßnahmen werden seitdem nach und nach umgesetzt. Der Fokus liegt auf schnell umsetzbaren Markierungs- und Beschilderungsmaßnahmen, aber auch langlaufende Projekte wie die Asphaltierung von Wegen mit wassergebundener Decke werden parallel geplant.

 

Martin Huth erläutert den Teilnehmenden die durchgeführten Maßnahmen bei Radverkehrsanlagen in Darmstadt (Foto: VAR+)

 

Der erste Stopp war die Geh- und Radbrücke über die Rheinstraße in der Nähe des Hauptbahnhofs, welche durch ihre auffällig geschwungene Konstruktion mit 318 Metern Länge und 3 Metern Breite seit Dezember 2020 eine barrierefreie Querung für den Rad- und Fußgängerverkehr der stark befahrenen Einfallstraße zulässt.

 

Geh- und Radwegbrücke über die Rheinstraße (Foto: Kruch)

In den letzten Jahren wurden an Hauptstraßen, großen Kreuzungen, innerstädtischen Plätzen oder Nebenstraßen verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur für eine erfolgreiche Einbindung in die jeweilige Verkehrssituation umgesetzt. So wurden zum Beispiel attraktive Fahrradstraßen, in denen durch bauliche Anpassungen Kfz-Schleichverkehre und „Gehwegparken“ verhindert ist, umgesetzt.

Bei mehreren Verkehrsversuchen wurde die Umwandlung eines Fahrstreifens in einen geschützten Radfahrstreifen (Protected Bikelane) temporär erprobt und dann durch Erfahrungen optimiert umgesetzt. Aus den Versuchen wurde klar, dass durch die zusätzliche Radinfrastrukturmaßnahmen insbesondere an Knotenpunkten kein nennenswerter zusätzlicher Rückstau verursacht wird, was im Vorfeld befürchtet wurde.

 

Bleichstraße Darmstadt – Vorher mit Verkehrsversuch (Foto: Infrastrukturbericht Nahmobilität Darmstadt – Quartalsbericht über umgesetzte Maßnahmen – 4. Quartal 2023)

 

Bleichstraße Darmstadt – Nachher (Foto: Infrastrukturbericht Nahmobilität Darmstadt – Quartalsbericht über umgesetzte Maßnahmen – 4. Quartal 2023)

 

Des Weiteren wurden auch in sogenannte Radfahrschleusen mit exklusivem Aufstell- und Querungsbereich für die Radfahrer investiert, die den Fahrradfahrer automatisiert bei seiner Ankunft am Knotenpunkt erkennen und verkehrsabhängig eine Grünschaltung für diesen einleiten. Dadurch verspricht man sich einen flüssigeren und attraktiveren Verkehrsfluss für den Radfahrer.

 

Knotenpunkt Rhein-/Neckarstraße – Vorher (Foto: Infra-strukturbericht Nahmobilität Darmstadt – Quartalsbericht über umgesetzte Maßnahmen – 3. Quartal 2023)

 

Knotenpunkt Rhein-/Neckarstraße – Nachher (Foto: Infrastrukturbericht Nahmobilität Darmstadt – Quartalsbericht über umgesetzte Maßnahmen – 3. Quartal 2023)

 

Obwohl es das oberste Ziel ist, eine sichere und reibungslose Einbindung des Radfahrers in den Verkehrsablauf zu schaffen, gibt es einige Konfliktstellen. Dazu nannte Martin Huth: Der Rhönring ist eine zweistreifige Hauptverkehrsstraße mit Baumallee und freigegebenem Gehweg. Das Fahren auf der Fahrbahn ist unattraktiv, weil man mit den Kfz im Stau steht oder – sogar als Pedelec-Fahrer – nicht mit dem fließenden Verkehr mithalten kann. Auch das Fahren im Seitenraum ist unattraktiv, weil es zu Konflikten mit dem Fußverkehr kommt und Baumwurzeln die Gehwegplatten hochgedrückt haben. Eine grundlegende Verbesserung ließe sich nur mit einer Fällung der Baumallee erreichen, was von niemandem gewünscht wird.
Dass S-Pedelec-Nutzende gemäß StVO die Radinfrastruktur und auch Wald- und Forstwege nicht nutzen dürfen, hält Huth für unglücklich. Immerhin ist auf dem Radschnellweg nun als Verkehrsversuch teilweise „S-Pedelec frei“ beschildert.
Nichtsdestotrotz sind die ausgeführten Maßnahmen der Radinfrastruktur beeindruckend, gut durchdacht und umgesetzt. Als Radfahrer fühlt man sich auf den breit ausgebauten und gesicherten Radfahrstreifen die fast durchgehend rot markiert wurden sehr sicher.

Zum gemeinsamen Mittag trafen sich alle Teilnehmer in Darmstadt an der Mensa im Bürgerpark Nord und wurden vom der Exkursionsleiter Herr Petry (VAR+) und Herrn Prof. Dr.-Ing. Axel Wolfermann von der Hochschule Darmstadt mit einem kurzen Vortrag empfangen. Herr Wolfermann wirkte an den verschiedenen Projekten zum Ausbau der Radinfrastruktur in Darmstadt und auf dem Radschnellverbindung Darmstadt – Frankfurt fachlich mit und erläuterte das Beispiel „geschützte Kreuzung, um der Gefahr von rechtsabbiegenden Kraftfahrzeugen im Konfliktfall mit dem Radverkehr besser begegnen zu können.

 

Mensa am Bürgerpark Nord in Darmstadt – Teilnehmer mit Prof. Dr.-Ing. Axel Wolfermann (Foto: VAR+)

 

Zu diesem Projekt zur Umgestaltung eines großen Knotenpunkts nach „niederländischem Modell“ einer „Schutzinselkreuzung“ gibt es bislang wenig Erfahrungswerte in Deutschland und im Themenfeld Barrierefreiheit ist noch keine gemeinsame Lösung gefunden worden, die die Bedürfnisse aller betroffenen Verkehrsteilnehmer abdeckt.
Ein Problem der Radfahrstreifen stellen die Zufahrten zu Wohnhäusern dar, die Radverkehrsanlagen auf der Strecke unterbrechen und Autofahrer dazu verleiten, darauf auszuweichen oder dort Fahrzeuge abzustellen (z.B. Lieferfahrzeuge).
Herr Petry (VAR+) als Organisator der Veranstaltung weist abschließend darauf hin, dass eine gezielte Radverkehrsförderung entscheidend dazu beitragen kann, die gestiegenen Mobilitätsansprüche zu befriedigen.

 

Geschützter Radfahrstreifen auf einem ehemaligen Kfz-Fahrstreifen in Darmstadt (Foto: VAR+)

 

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