Existenzgründer der htw saar wird zum Startup-Booster
Venoth Nagarajah studiert an der htw saar Betriebswirtschaftslehre. Eingeschrieben hat er sich im Wintersemester 2014. Seine Abschlussarbeit schreibt er über sein eigenes Startup und ganz nebenbei hat er einen Startup-Inkubator aufgebaut – aber der Reihe nach.
Nagarajah ist Betriebswirt durch und durch. Schon in seiner Kindheit hat er Mehrwert generiert. Kaugummis und Pokémon-Karten wurden getauscht, er kaufte bei Schülern begehrte Artikel günstig ein und verkaufte sie ihnen mit Gewinn weiter. „Ich wollte schon immer Unternehmer werden. Bei der Wahl des Studiengangs habe ich einen gesucht, der mir hilft, das Knowhow zu entwickeln und das notwendige Geld zu verdienen, um ein Unternehmen zu gründen. Ich wollte einen Ort erschaffen, an dem ich Menschen die Möglichkeit gebe, an ihren Ideen zu arbeiten und sich entfalten zu können für eine bessere Welt.“
Denkt man an die Angebote, die die htw saar Gründern macht, angefangen beim 5-Euro-Startup über die Vorlesungsreihe „Startups und neue Geschäftsmodelle“ bis hin zum Gründerzentrum von htw saar und FITT gGmbH, so hat er sich auch die richtige Hochschule ausgesucht.
Nagarajah schätzt an der htw saar die Netzwerkeffekte. Die Hochschule bietet viele Veranstaltungen an, die ein Vernetzen der Studierenden erleichtern. So war es für ihn nicht schwer, Gleichgesinnte zu treffen. Sie nutzen Vorlesungspausen und die Abende zum Austausch über Wirtschaft und Gesellschaft und diskutieren ihre Ideen. Schnell fanden sie heraus, dass sie alle von einer Selbständigkeit träumen.
Was dann passierte, liest sich wie ein Drehbuch. Nagarajah pendelte während seines Studiums zwischen Saarbrücken und Mannheim, da sein bester Freund dort lebte. Als begeisterter Hobby-Koch fiel es ihm durch das Pendeln sehr schwer, die richtigen Zutaten für Gerichte, auf die er Lust hatte, vorrätig zu haben. „Wenn um 17 Uhr Vorlesungsende war und der Zug um 18:10 Uhr ging, gab es so gut wie keine Möglichkeit, noch einzukaufen. Die Zeit im Zug habe ich genutzt, um interessante Rezepte zu finden. Ich hatte aber immer das Problem, noch alle Zutaten zu bekommen.“ Was es nicht gibt, kann man ja selber machen – die Idee für Tunu, seinem eigenen Startup, war entstanden. Am Anfang war Tunu als Monitor im Supermarkt gedacht, der mit Rezeptideen bespielt wird. Der Kunde sieht ein Rezept und kann sich gleich die richtigen Zutaten kaufen. Er erzählte seinen Kommilitonen von dieser Idee. Die Reaktionen waren positiv. Einige haben die Idee nicht nur kommentiert, sie wollten auch mitmachen. „Der Austausch mit klugen Köpfen, auch Kritikern, hat mich beflügelt. Tunu ist ein Konstrukt in meinem Kopf, das nicht fest und stabil ist. So habe ich angefangen durch Networking und Diskussionen das Konzept auszubauen.“ Als Konzept wurde Tunu finalisiert, jedoch noch nicht auf den realen Markt gebracht.
„Es war wichtig, rumzuspinnen und sich auszutauschen. Irgendwie sind wir so Woche für Woche einem runden Konzept nähergekommen.“ Dass ihre Idee etwas hat, zeigt der erste Platz beim Startup Weekend im November 2016. „Es ist eine Idee – ob sie funktioniert, weiß man nicht. Man braucht Disziplin, Motivation und auch muss man flexibel auf Veränderungen reagieren können, um aus der Idee ein erfolgreiches Startup zu machen und dieses zum Unternehmen zu entwickeln, das Menschen die Möglichkeit gibt, sich dort wiederzufinden.“ Der erste Platz bescherte ihm einen Co-Working Place – Einzug war im Januar 2017. Dort saß er mit seinem Team bis Ende April 2017. Das Startup-Weekend brachte ihm aber auch einen für seine Entwicklung wichtige Aussage. Prof. Dr. Markus Münter, Juror beim Startup-Weekend und Initiator der Ringvorlesung „Startups und neue Geschäftsmodelle“ an der htw saar: „Die Präsentation war hervorragend, herzlichen Glückwunsch zum Preis. Die eigentliche Arbeit beginnt aber morgen: formt ein Team, sucht den ersten Euro Umsatz, findet die richtigen Kunden.“
Unterstützung fand Nagarajah auch bei anderen Professoren der htw saar. Mit dem Mitbegründer von Tunu, Felix Förster, hielt er bei Prof. Dr. Frank Hälsig im Rahmen eines Seminars eine Präsentation über foodora. „Der riesen Vorteil der htw saar ist die Nähe zu den Professoren. Du kannst einfach mal am Büro anklopfen ‚Sagen Sie mal, ich habe ein Problem…‘ und das haben wir gemacht.“ Die beiden haben Prof. Hälsig ihre Idee von Tunu vorgestellt. „Er ermutigte uns: ‚Das ist gut, machen Sie das. Dieser Kontakt könnte Ihnen nützlich sein.‘ Prof. Hälsig vermittelt entspannt sein Wissen und hat uns Tipps und Tricks gegeben, auf der Handlungsebene, ‚Jungs, achtet mal darauf…‘ Er ist mein persönlicher Mentor, ich lerne sehr viel von ihm“, erklärt Nagarajah.
Für ihn ist der November 2016 genauso ein Wendepunkt in seinem Leben wie der März 2018. Im März 2018 hatte er zum ersten Mal einen festen Ort, an dem er an seinem Startup arbeiten konnte – bisher diente ihm die Mensa, die studentischen Arbeitsplätze, sein WG-Zimmer, eine Garage oder ein Platz im Café als mobiles Büro. „Wenn du eine Räumlichkeit hast, einen Ort, wo du sitzen und arbeiten kannst, einen Ort, an dem du Menschen zusammenbringst, die gemeinsam mit dir an den Ideen arbeiten – dann kannst du Gedanken zu Dinge werden lassen.“ In diese Unterkunft lud er andere Studierende, Gründer, Querdenker, Investoren, Unternehmer, Kritiker, Professoren – unter anderem auch Prof. Hälsig – und andere kreative Menschen ein, die ihre Ideen, Visionen und Gedanken mitteilen konnten. Die Probleme, die er selbst mit der Hardware bei seinem Produkt Tunu hatte – Investorensuche, Konzepterstellung, Teambuliding oder Marktanalyse – nutzte er für andere Hilfesuchende.
„Im Oktober 2018 habe ich angefangen, die Startups zu betreuen und die Menschen zu halten, die die Ideen haben und diese gemeinsam weiterentwickeln. Ich ließ die Menschen sich mit ihren unterschiedlichsten Fähigkeiten vernetzen, um daraus eine Einheit bilden zu können. So können wir schneller und agiler auf Herausforderungen reagieren, wir haben eine sogenannte Master-Mind-Allianz.“ Nagarajah ist vom Studenten zum Gründer, zum Berater und dann zum Inkubator geworden, der mit dem erwirtschafteten Geld in die Startups investiert. „Du wachst auf und erkennst, dass du aktuell sieben Startups hast – in jedem arbeiten zwischen drei und sechs Personen. Und dir fällt auf: Wow, Du hast einen Inkubator, eine Brutstätte für Ideen, aufgebaut.“ Inzwischen coached Nagarajah neun Startups. Dort ist er strategisch-operativer Partner geworden. „Ich habe die Entwicklung durch meine Erfahrungen beschleunigt, ein Accelerator, ein Begriff aus dem Englischen, was bedeutet: Beschleuniger. Ich zeige den Gründern, wie es geht. Die Magie geschieht, wenn man Menschen aus verschiedenen Bereichen zusammenbringt: es entstehen geniale neue Ideen und Lösungen – alles in einem Raum, die Intelligenz vergrößert sich.“ Mit seinem neuen Sitz in direkter Nähe der Hochschule, Goebenstraße 35, 66117 Saarbrücken, wird nun The House of Intelligence diese Herausforderungen aktiv angehen. Das Kombinationsmodell aus einem Inkubator und Accererlator, das von Studenten erbaut wurde, ist fußläufig binnen 30 Sekunden erreichbar.
Welches Problem haben Gründer? Im Prinzip drei: Sie haben kein Geld, kein Netzwerk und sie brauchen einen Ort zum Arbeiten. Mit etwas Geld, das sie über Designaufträge und dergleichen erwirtschaften, und dem „The House of Intelligence“, wie er seinen Inkubator nennt, bietet Nagarajah den Gründern alles Notwendige zum Starten und zum Wachsen. Darüber hinaus wird das Netzwerk geteilt und gemeinsam ausgebaut. „Ich fahre einen alten verbeulten Peugeot – bewusst, weil mir das Materielle nicht wichtig ist. Dieses Netzwerk, die Synergien, die Ideen und das generieren von intelligenten Lösungen für eine bessere Welt, die kommen einmal und bleiben für immer. Ich will der Beweis dafür sein, dass das Materielle vergänglich ist und dass Ideen, Gedanken und Bücher niemals aussterben. Schauen Sie sich um, alles entstand aus einer Idee.“
So ist, nahezu beiläufig, aus einem Studenten ein Inkubator geworden. Neue Dinge entwickeln, schneller und dynamischer, weil nicht viel Geld investiert werden muss. Aber so kann schneller herausgefunden werden, was funktioniert und was nicht. Die vielen Gründer im „The House of Intelligence“ entwickeln neue Ideen. Wenn eine scheitert, wird umgehend an neuen Konzepten oder Ideen weitergearbeitet.
Was unterscheidet das „The House of Intelligence“ von den vielen andren Startup-Zentren? „Wir sind unabhängig von Investoren und Banken, weil wir mit unseren Fähigkeiten Geld verdienen, um wachsen zu können. Menschen, die im Startup sitzen, kann man für Dienstleistungen einsetzen, wenn Zeit dafür vorhanden ist. Die Gründer stecken das direkt wieder in ihr Startup, aber so kommen sie schneller voran und das Wichtigste ist, dass der Unternehmerinstinkt geweckt ist.“ Sichtlich stolz erklärt er: „Die Startups im „The House of Intelligence“ stehen nicht im Wettbewerb zueinander, sie unterstützen sich einfach.“
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