Was haben das Steigerlied, die deutsche Gebärdensprache und die Kindergartenidee nach Friedrich Fröbel gemeinsam?
Sie sind Ausdruckformen gelebter Kultur und des gesellschaftlichen Miteinanders in Deutschland oder einzelnen Regionen von Deutschland. Hier spiegelt sich ein Stück unserer Tradition wider, die bis heute (mehr oder weniger) Ausdruckform unserer Mentalität ist und diese prägt. Und sie sind anerkanntes Immaterielles Kulturerbe (IKE).
Das bundesweite Verzeichnis wurde 2013 geöffnet, nachdem Deutschland der UNESCO-Konvention beigetreten ist. Aktuell sind 131 Traditionen, Handwerkstechniken, gesellschaftliche Bräuche und lokale Musik- und Tanzformen dort aufgenommen. Neben der Deutschen Gebärdensprache (Aufnahme 2021) finden sich auch die Deutsche Brotbachkunst (2014) und das Hebammenwesen (2016) in dieser Liste wieder. Das Antragsverfahren ist mehrstufig aufgebaut: zunächst über die Länderlisten, aus denen eine kleine Anzahl für die bundesweite Entscheidung durch eine Expertenjury ausgewählt werden. Sowohl im Saarland als auch in Thüringen ist die Länderliste ein Novum. Die saarländische Bildungs- und Kulturministerin Christine Streichert-Clivot beschreibt es folgendermaßen: „Das immaterielle Kulturerbe ist Ausdruck von Kreativität, vermittelt Kontinuität und Identität, prägt das gesellschaftliche Zusammenleben und leistet einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung – ein lebendiges Kulturerbe.“ Sieben Bewerbungen wurden im Saarland für die Länderliste ausgewählt, darunter die Arbeitskammer des Saarlandes, das deutsch-französische Festival PERSPECTIVES, das Steigerlied und die Weihnachtspostfiliale St. Nikolaus.
Der Antrag für die Kindergartenidee wurde Ende 2021 gemeinsam vom Pestalozzi-Fröbel Verband (www.pfv.info; Bundesvorsitzende Professorin Charis Förster) mit dem Fröbel-Kreis und der International Froebel Society Deutschland mit Sitz in Kassel erarbeitet und im Land Thüringen eingereicht. Im thüringischen Bad Blankenburg gründete Friedrich Fröbel 1840 den ersten Deutschen Kindergarten, dessen Idee bald weltweit umgesetzt und weitergeführt wurde. In mehr als 40 Sprachen wird der Begriff „Kindergarten“ für die fröbelianische Institution verwendet. Der IKE-Antrag wurde vom Land Thüringen für das Bundesverzeichnis Immaterielles Kulturerbe vorgeschlagen, dessen Entscheidung voraussichtlich Anfang 2023 getroffen wird. Eine positive Entscheidung würde das Jubiläumsjahr des Pestalozzi-Fröbel Verbandes 2023 in besonderer Weise würdigen. Der Verband kann auf eine wechselhafte 150-jährige Geschichte zurückblicken.
Was ist das Besondere an der Kindergartenidee? Friedrich Fröbel ist der Begründer unserer heutigen institutionellen Bildung, Betreuung und Erziehung junger Kinder. Seine pädagogische Einstellung findet sich auch heute im pädagogischen Verständnis wieder: Das Kind entdeckt eigeninitiativ mit anderen Kindern und in Begleitung empathischer Erwachsener die Welt. Natürliche Formen und die sensitive Erfahrung unserer Umwelt unterstützen das Kind in seiner Entwicklung. Der Garten ist nicht nur ein geschützter Raum (abgeleitet vom religiösen Verständnis), sondern gleichzeitig ein Handlungsraum, um verantwortlich, planend und nachhaltig Sorge für sich und andere zu übernehmen. Die Ausbildung für diese wichtige Arbeit war schon Fröbel wichtig – Kindergärtner*innen wurden geschult, um Kinder auf ihrer Entdeckungsreise gut begleiten zu können.
Seit 2010 gibt es auch an der htw saar den Bachelorstudiengang Pädagogik der Kindheit, der nicht nur Erzieher*innen offensteht, sondern allen, die professionell mit Kindern und deren Familien arbeiten möchten.
Weitere Informationen zum Kindergarten, dem Pestalozzi-Fröbel Verband und dem immateriellen Kulturerbe sind unter den folgenden Links zu finden:
https://www.pfv.info/pfv-bibliothek-video/
https://www.saarland.de/mbk/DE/portale/kulturportal/kulturpolitik/ike1/ikelandesverzeichnis.html
https://www.staatskanzlei-thueringen.de/medienservice/medieninformationen/detailseite/45-2022
https://www.unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-kulturerbe/immaterielles-kulturerbe-weltweit
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