Fremdsprachenunterricht im 21. Jahrhundert
Im November 2017 fand unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Tinnefeld an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der htw saar zum nunmehr vierten Mal die Saarbrücker Fremdsprachentagung statt. Unter dem Titel „Fremdsprachenunterricht im 21. Jahrhundert: Lerner 2.0 – Methoden 3.0 – Herausforderungen 4.0“ wurde ein besonderes Augenmerk auf die Thematik des digitalisierten Lernens in der Fremdsprachenvermittlung gerichtet.
Zahlreiche Sprachwissenschaftler und Fremdsprachendidaktiker aus fast 30 Nationen – darunter Brasilien, Japan, Neuseeland, Russland, Hong Kong, den USA und Weißrussland sowie zahlreiche europäische Länder – sind der Einladung von Professor Tinnefeld gefolgt. Die zahlreichen Welt Anmeldungen aus aller Welt zeigen, dass die Saarbrücker Fremdsprachentagung, die seit jeher international ausgerichtet war, ihre Reichweite immer weiter steigern konnte. So vereinigte die diesjährige Tagung erstmals Vortragende aus allen fünf Kontinenten.
Aufgrund der gegenwärtigen Bauarbeiten am Campus Rotenbühl wurde der Tagungsort in diesem Jahr in die Räume der Stiftung Demokratie Saarland verlegt. Während der Eröffnungsfeier hielten Dr. Susanne Reichrath, die Beauftragte der Ministerpräsidentin für Wissenschaft, Hochschulen und Technologie im Saarland, sowie Catherine Robinet, die Generalkonsulin Frankreichs im Saarland, kurze Ansprachen. Beide äußerten ihre Freude darüber, dass die von Tinnefeld ins Leben gerufene und seither geleitete Saarbrücker Fremdsprachentagung inzwischen eine feste Größe in der Hochschullandschaft Deutschlands darstelle und ebenso dem kulturpolitisch etablierten Programm des Saarlandes zur Förderung sprachlicher Kompetenzen eine besondere Bedeutung gebe. Diese Bedeutung hob auch Roland Theis, Staatssekretär und Bevollmächtigter für Europaangelegenheiten im Ministerium für Finanzen und Europa hervor. Er empfing die Tagungsteilnehmer in Vertretung der Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer am Abend des ersten Tagungstages in der Staatskanzlei. Er dankte Tinnefeld für seinen Einsatz mit Blick auf die akademische Unterstützung des Sprachenkonzepts des Saarlands, das zwar flächenmäßig das kleinste Bundesland ist, jedoch als Nachbarland Frankreichs und mit seiner zentralen Lage in Europa im Bereich der Sprachbildung vor besonderen Herausforderungen steht.
An drei Tagungstagen wurden in drei deutsch- bzw. französischsprachigen und zwei englischsprachigen Sektionen 52 Vorträge gehalten. Die Vortragenden präsentierten neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und Studien zum Thema Fremdsprachenunterricht im 21. Jahrhundert. Dabei behielten sie die Sektionsthemen Lerner 2.0, Methoden 3.0 und Herausforderungen 4.0 im Fremdsprachenunterricht immer im Blick.
Die beiden Hauptvorträge, die sich den modernen Methoden des mobilen und technologieaffinen Lernens widmeten, hielten Prof. John Traxler aus Großbritannien zum Thema „New Insights into Mobile Digital Technology“ und Prof. Dr. Armin Weinberger von der Universität des Saarlandes zum Thema „Orchestration of Technology-Enhanced Learning“.
Traxler hat einen Lehrstuhl am Institute of Education an der Universität Wolverhampton inne und ist Gründer und Vizepräsident der International Association for Mobile Learning. In seinem Vortrag zeigte er den Zusammenhang zwischen den Veränderungen des gesellschaftlichen Lebens, die die digitalen mobilen Technologien mit sich bringen, und dem Nutzen dieser für die Erlernung von Fremdsprachen. Er sprach von einem „mobilen Cyberspace“, in dem auch die Sprache als Mittel zur Beschreibung der Wirklichkeit neuen Herausforderungen gegenübersteht. So sind nicht nur die Sprachen selbst ständigen Veränderungen ausgesetzt. In einer immer stärker mobilen und vernetzten Welt bieten die modernen Technologien gleichzeitig neue Möglichkeiten des Fremdsprachenlernens. Die Sprachlerngemeinschaft kann zwar von neuen Lernumgebungen – wie Apps, Blogs, Podcasts, Webinars und Wikis sie bieten – profitieren, ist ihrerseits aber im Kontext von Bildung, lebenslangem Lernen und der Wissensökonomie mit den Gefahren und negativen Implikationen der allgegenwärtigen Durchdringung sozialer Aktivitäten durch die mobilen digitalen Technologien konfrontiert.
Weinberger, Gründungsmitglied und Inhaber des Lehrstuhls für Bildungstechnologie und Wissensmanagement an der Universität des Saarlandes, forscht im Bereich der Generierung, der Konstruktion und des Teilens von Wissen in kleinen Lerngruppen, Arbeitsteams und größeren Lerngemeinschaften. In seinem Vortrag präsentierte er sein Konzept der ‚Orchestrierung‘ technologierunterstützter Lernarrangements im Fremdsprachenunterricht. Das Fremdsprachenlernen erlebt einen Paradigmenwechsel vom formalen Lernen (im Klassen- bzw. Kursraum, mit Prüfungsorientierung und auf bestimmte sprachliche Fertigkeiten abzielend) zum informellen Lernen (überall, kommunikationsorientiert und interkulturell). Ausgehend von diesem Paradigmenwechsel zeigte Weinberger anhand von Beispielen die unterschiedlichen Formen des technologieunterstützten Lernens auf, die bisweilen erhebliche didaktische Neurungen mit sich bringen. Die Orchestrierung von Lernarrangements erlaubt, verschiedene Sozialformen und Lernumgebungen – wie autonomes Lernen, das Lernen im Team, das Lernen in Klasse oder Kurs, das Lernen im Internet – funktional miteinander zu verbinden und dabei auf vielfältige Lernumgebungen wie Wikis, Blogs und Vlogs zurückzugreifen, die den Lernfortschritt produktiv fördern.
Zum Abschluss der Tagung fand eine öffentliche Podiumsdiskussion statt. In enger Einbindung des Publikums, das eigene Eindrücke zu aktuellen Entwicklungen in den ausgewählten Ländern (Belgien, Hong Kong und China, Brasilien, Japan, Kolumbien, Pakistan und Polen) beisteuerte, wurden gedankliche Impulse zur Anwendung und Umsetzung der aus den Vorträgen hervorgegangenen wissenschaftlichen Erkenntnisse diskutiert.
Der Saarländische Rundfunk berichtete am 2. November 2017 im Aktuellen Bericht über die 4. Saarbrücker Fremdsprachentagung. Zum Beitrag in der SR-Mediathek (ab Minute 17:54).
0 Kommentare in “Fremdsprachenunterricht im 21. Jahrhundert”