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Soziales Wien

Im Sommersemester 2018 fuhren 22 Studierende des sechsten Semesters des Bachelor-Studiengangs „Soziale Arbeit und Pädagogik der Kindheit“ im Rahmen des Wahlpflichtseminars „Soziale Arbeit und Psychoanalyse“ auf eine fünftägige Exkursion nach Wien. Unter der Leitung von Prof. Dr. Walter Gehres und Dr. Marianne Lück-Filsinger wurden verschiedene Programmpunkte wahrgenommen. Im Vorfeld wurde die Reise von Désirée Beaumont vorbereitet. Vor Ort in Wien hatte freundlicherweise Elisabeth Brousek, Mitarbeiterin der Forschungsstelle des Jugendamtes der Stadt Wien, erste Kontakte hergestellt und damit den Zugang zu den Institutionen in Wien erleichtert.

Am ersten Tag der Exkursion besuchte die Studierendengruppe der htw saar die Servicestelle der MAG 11, die in etwa dem Modell des deutschen Jugendamtes entspricht. Dabei wurde die Kinder- und Jugendhilfe Wiens im Allgemeinen und die Situation, Forschung und Entwicklung des Pflegekinderbereichs der Stadt im Besonderen thematisiert. Nachmittags hielt Prof. Dr. Walter Gehres vor rund 50 eingeladenen einschlägigen Fachkräften der Institution einen Vortrag unter dem Titel „Pflegeeltern: wir tun mal so als ob…“. Darin ging es um biographische Entwicklungen fokussierende Erkenntnisse des Autors zu diesem Themenfeld. In der anschließenden kritischen Diskussion mit Fachkräften des Referats für Adoptiv- und Pflegekinder wurde deutlich, wie schwierig es für einige Mitarbeiterinnen ist, eine nicht institutionsorientierte Sichtweise auf Aufgaben und Probleme des Pflegekinderbereiches einzunehmen. Im weiteren Verlauf des Nachmittags berichtete Erwin Roßmann, Leiter des SOS-Kinderdorfs Wien, von der Entstehung sowie der Arbeit im einzigen Kinderdorf in einer Stadt. Die hierzu eingeladene „Dorfmutter“ erzählte ergänzend ausführlich und realitätsnah von ihrem beruflichen Alltag und den Herausforderungen dieser Jugendhilfetätigkeit. Am Abend brach die gesamte Gruppe auf einen „Alternativen Stadtrundgang“ durch den 2. Bezirk zum nahe gelegenen Prater unter Leitung von Prof. Dr. Roland Girtler von der Universität Wien auf. Girtler ist ein renommierter Vertreter der soziologischen Feldforschung (Ethnographie), der diese qualitative Methode in der deutschsprachigen Soziologie begründet hat. Dort trafen wir auf ein auf dem Gelände lebendes, alteingesessenes Mitglied einer bekannten Praterfamilie. Er berichtete uns von seinem Leben und lud anschließend die ganze Gruppe zu einer Fahrt mit seiner Märchen- und modernen Geisterbahn ein.

 

 

Der Fokus des zweiten Tages der Wien-Exkursion lag darauf, die Stadt weiter zu entdecken. Prof. Dr. Roland Girtler führte erneut durch die Stadt: Dieses Mal ging es in das Zentrum und Teile des früheren Vergnügungsviertels rund um den Spittelberg. Girtler untermalte die Führung mit zahlreichen Hintergrunderzählungen, die er im Zusammenhang mit seiner ethnographischen Forschung mit Randgruppen erlangt hatte. Bei diesem „Alternativen Stadtrundgang“ wurden der Gruppe durch den „Tourguide“ implizit die Grundprinzipien ethnographischer Forschung praxisnah vermittelt. Nach einem gemeinsamen Kaffeehausbesuch stand der Nachmittag und Abend zur freien Verfügung.

 

 

Am Donnerstag wurde zunächst die Universität Wien besichtigt. Im Anschluss daran ging es in das nahegelegene Sigmund-Freud-Museum in die Berggasse 19. Unterstützt durch eine Führung, wurden den Teilnehmenden das Leben sowie die Errungenschaften Freuds nähergebracht und erläutert. Dabei wurde insbesondere auf die Entwicklung und Arbeit Freuds in diesem Haus eingegangen. Am Nachmittag führte der Weg zum FH Campus Wien (Fachhochschule) für ein gemeinsames Seminar mit Studierenden eines Master-Studiengangs über psychoanalytisch-pädagogische Erziehungsberatung von Eltern bei Trennung/Scheidung unter der Leitung von Dr. Barth-Richarz. Die Studierenden aus Wien und Saarbrücken bearbeiteten gemeinsam ein Fallbeispiel und diskutierten rege die unterschiedlichen methodischen Zugänge zur Fallrekonstruktion. Dabei entwickelte sich ein interessanter Austausch auf Augenhöhe, was auf die gute Ausbildung in qualitativen Methoden verweist, auf die in dem Studiengang „Soziale Arbeit und Pädagogik der Kindheit“ an der htw saar Wert gelegt wird. Am Abend wurde die Exkursion mit einem gemeinsamen Abendessen, verbunden mit dem Austausch von Eindrücken, einem Rückblick sowie einer Reflexion, abgeschlossen.

Während der gesamten Exkursion zeigte sich, dass die Studierenden auf der Basis ihres im Studium erworbenen Wissens, die Eindrücke, Informationen und Erkenntnisse zu reflektieren vermochten und einen fachlichen Diskurs mit den Kooperationspartnern und -partnerinnen in Wien führen konnten.  Cathrine Johann und Liza Wagner haben darüber hinaus durch fotografische und organisatorische Begleitung die Studienfahrt bereichert.

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