Der Pride-Monat im Juni – Sind wir jetzt alle ein bisschen bunter?
Das Gleichstellungsbüro lädt am 08. Juli von 16 bis 21 Uhr ein zum Online Bar Camp #freegender-htw saar_gender_diversity. Eines der Themen wird auch LGBTIQ sein.
Der Monat Juni war bunt, regenbogen-bunt und stand ganz im Zeichen von Gleichberechtigung und Diversität. Aber was ‚feiern‘ wir eigentlich genau? Was bedeutet LGBTIQ?
Das Stonewall Inn – Ein Aufstand gegen die Willkür und die Wiege der LGBTIQ-Bewegung
Das ‚Stonewall Inn‘, eine ‚Schwulen-Bar‘ in Manhattan (New York) an der Christopher Street, ist die eigentliche Geburtsstätte der heutigen Pride-Bewegung. Am 28. Juni 1969 wollten New Yorker Polizei-Beamte routinemäßig das ‚Stonewall Inn‘ räumen. Üblicherweise wurden Schwule aus der Bar herausgezerrt, verprügelt und bestraft. An diesem Abend sollte es anders sein. Es war nicht das erste Mal, dass sich queere Menschen gegen polizeiliche Willkür zur Wehr setzten. Diesmal erlangten die Krawalle und darauffolgenden tagelangen Unruhen die nötige mediale Wirksamkeit, die es für einen Wendepunkt braucht. Aus einem Aufstand gegen die Willkür, Diskriminierung und Kriminalisierung folgte der Beginn von etwas Neuem – dem Beginn in die heute moderne LFBTIQ-Bewegung.
Haltung zeigen – ‚Spread Love‘
So sah es wohl auch Leon Goretzka, der mit seinem Herz-Torjubel gegen die ‚Deutschland-Deutschland-homosexuell-Tiraden der Ungarn-Hools‘ im letzten deutschen Vorrundenspiel der EM ein Zeichen setzte. Nach dem Spiel twitterte er mit seinem Aufruf ‚Spread Love‘.
Was früher als ‚gay‘ oder ‚schwul‘ bezeichnet wurde, heißt heute LGBTIQ
LGBTIQ sind englische Abkürzungen. Im Deutschen wird gerne auch die Abkürzung LSBTTIQ verwendet. Die Buchstaben stehen für:
L – lesbisch sein (Frauen, die sich in Frauen verlieben)
S – Schwul sein (Männer, die sich in Männer verlieben)
B – Bisexuell sein (Bisexuelle verlieben sich in beide Geschlechter)
T – Transgender (Frauen, die in einem Männerkörper geboren wurden oder Männer, die in einem Frauenkörper geboren wurden)
T – Transsexuelle fühlen sich im falschen Körper geboren und verändern ihr Geschlecht mit Hilfe von Operationen und Hormonen
I – Intersexuelle haben sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsorgane
Q – Queer (ein Anglizismus) steht für alle Menschen, die von traditionellen Geschlechterrollen und Partnermodellen abweichen
Christopher-Street-Days – Sind deutsche CSDs anders als amerikanische?
Auch wenn die Ursprünge der Regenbogen-Community in den USA liegen und die Sichtbarkeit weltweit ein gemeinsames Thema ist. Gibt es jedoch, historisch gesehen, Unterschiede. Sind deutsche Christopher-Street-Days denn anders als amerikanische? Heiner Schulze, Sozialwissenschaftler der Hochschule Nordhausen und Lehrender zum Thema soziale Ungleichheit, erklärt es so:
„Die Christopher Street Days in Deutschland sind teilweise anders als in den USA. Es gibt zwar gemeinsame Themen: Sichtbarkeit ist ein präsentes Thema überall. Aber hier gibt es auch historische Unterschiede, die einfach von Belang sind. Sehr bekannt war der Paragraf 175, der mann-männliche Homosexualität unter Strafe gestellt hat. Männer kamen hier auch ins KZ, auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Zehntausende verfolgt. Das gab es in den USA in der Form nicht.“
Heute sind wir ‚Pride‘ und hüllen uns in Regenbogenfarben. Aber SIND wir es wirklich?
Auch wenn sich Innenstädte und Internet in Regenbogenfarben tauchen, gibt es nach wie vor Handlungsbedarf. Während Ungarn Informationsmaterial über homophobe Partnerschaften und ‚nicht- mainstream-konforme´ geschlechtliche Identitäten verbietet, haben die Briten angekündigt, homosexuelle Männer zur Blutspende zuzulassen. In Deutschland ist das noch immer untersagt. Auch wenn viele Ärzte es vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und den immer nötiger werdenden Blutkonserven, fordern.
Warum ‚Pride‘ – Stolz auf´s anders sein?
Pride aus dem Englischen übersetzt bedeutet ‚Stolz‘. Man könnte vermuten, dass es darum geht, dass die Mitglieder der Pride-Bewegung bzw. der LGBTQ-Community stolz auf sich selbst und ihre sexuelle Orientierung, ihrer Identität sein können. Nicht ganz. Bei diesem Stolz geht es eher darum Stigmatisierung und Scham überwunden zu haben oder zumindest sichtbaren Widerstand zu leisten. Es ist auch gleichermaßen ein Stolz-auf-sich-sein den Mut zu haben, zu sich selbst zu stehen und sich auch dazu zu bekennen. Der Ursprung der Namensgebung geht auf Brenda Howard zurück. Sie war eine bisexuelle Aktivistin und Gründerin der Pride-Märsche. Sie wurde von ihrem Freundeskreis als „Mother of Pride“ (Mutter des Stolzes) bezeichnet.
Schon lange geht es nicht mehr nur darum, schwul oder lesbisch zu sein. Es geht darum, sich selbst und seine eigene Identität nicht mehr verstecken zu müssen, aus Angst heraus verfolgt, verspottet, defamiert, bestraft oder diskriminiert zu werden. Es geht um das gegenseitige Anerkennen von Anders-sein und Respekt gegenüber dem Leben. „Was hat es für einen Sinn auf der Erde zu sein, wenn man versucht, jemand zu sein, der man gar nicht ist?“, erklärte die 12-jährige Zaya ihrem berühmten Vater Dwayne Wade, ehemaliger NBA-Basketballstar, bei ihrem frühen Outing als Transgender.
Gleichzeitig entscheiden sich auch viele bewusst gegen das Gendern mit der Begründung, man fühle sich durch diese ganze Gender-Kultur lediglich auf sein Geschlecht reduziert. Es sei bedauerlich, nur durch das Gendern zu erreichen, dass auch ausdrücklich Frauen angesprochen sind. Das sei doch schließlich selbstverständlich. Was zähle ist weder das eigene Geschlecht noch sexuelle Orientierung, sondern dass wir alle Menschen sind.
Das Gendern stößt bei vielen auf Ablehnung. Möglicherweise, weil wir wieder einen Weg gefunden haben in Schubladen zu denken? Weil wir wieder einen Weg gefunden haben einen Markt zu bilden, mit gestreiften Masken und Kapitänsbinden, um dabei die eigentliche Message völlig aus den Augen zu verlieren? Was bedeutet der Pride-Gedanke für Sie? Wo hat er seine Grenzen? Gibt es denn welche? Was darf man heute eigentlich noch? Nervt gendern oder ist es ein unabdingbares Tool auf dem Weg in eine inklusive Zukunft? Bietet eine offene Gender-Kultur möglicherweise Innovationspotenzial, indem es Teams effektiver macht? Was sollte aus Ihrer Sicht mal auf den Tisch gepackt und diskutiert werden?
Diskutieren Sie mit, gestalten Sie mit, wie Sie an der htw saar Vielfalt (er)leben möchten. Unter dem Motto Geschlecht spielt (k)eine Rolle?! veranstalten wir am 08. Juli 2021 von 16:00 -21:00 Uhr ein #freegender-htw saar_gender_diversity -Online-Bar Camp zum Thema Gender & Vielfalt in Studium und Beruf. Alle Infos erhalten Sie hier.
Quellen:
https://www.regenbogenportal.de/
https://handbookgermany.de/de/rights-laws/lgbtiq.html
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