Experimenteller Holzbau live
Im Rahmen der ERASMUS+- Kooperation hatte die KTH Stockholm die Masterstudentinnen und – Studenten der htw saar, Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen/ Schule für Architektur Saar eingeladen, an einem internationalen Entwicklungs- und Bauprojekt „Bridgeing Wood“ mitzuwirken.
Geleitet von Prof. Göran Pohl entwickelten die Studierenden der htw saar / Schule für Architektur Saar gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen der KTH Stockholm eine Fußgängerbrücke in Holzbauweise. Die Brücke sollte einen Bach überspannen und für Fußgänger und Fahrradfahrer zur Verfügung stehen. Die Studierenden traten zu einem Entwurfs-Contest an; sie hatten sich an Bedingungen des Ortes und der Brückengröße zu richten und mussten bereits in der Entwurfsplanung darlegen, wie diese Brücke im experimentellen Selbstbau errichtet werden könnte. Dabei waren auch die Materialien definiert: Das heißt, Bretter und Balken standen nur in bestimmten Dimensionen und in definierter Menge zur Verfügung. Leimholzbalken beispielsweise waren nicht einsetzbar. Verbindungen mussten geschraubt werden. Auf die Langlebigkeit und guten Witterungsschutz wurde besonders geachtet – die Brücke sollte unter realen Bedingungen mehrere Jahre im hohen Norden Europas ihren Dienst verrichten.
Die Wettbewerbsteilnehmerinnen und –teilnehmer hatten also vergleichbare Ausgangsvoraussetzungen hinsichtlich der realen Ausgangsbedingungen und auch der zu verwendenden Materialmenge und Materialabmessungen. Sie traten in fünf Teams je 6-7 Mitgliedern gegeneinander in den Wettstreit. Die Herausforderung lag darüber hinaus in dem interdisziplinären Ansatz, also der Einbindung von Studierenden der Disziplinen Architektur und Bauingenieurwesen. Besonders herausfordernd war, die Entwicklung in internationalen Teams online zu ermöglichen. Innerhalb von nur sechs Wochen tüftelten und optimierten die Studierendenteams ihre Vorschläge, kommunizierten sie in unzähligen online- Meetings, um sie Ende April einer Jury vorstellen zu können. Diese Kommission, bestehend aus Vertretern der schwedischen Holzindustrie und Fachleuten im Brückenbau, sowie den beteiligten Professoren aus Stockholm und der Schule für Architektur Saar hatten die schwierige Aufgabe, die allesamt hervorragenden Vorschläge zu bewerten und die „Gewinnerbrücke“ auszuwählen, die dann von allen gemeinsam gebaut werden sollte. Es wurde diejenige Brücke für die Ausführung entschieden, welche neben ihrer hohen gestalterischen Qualität und der dauerhaften Standfestigkeit das überzeugendste Potenzial zum Selbstbau hatte.
Dieser experimentelle Selbstbau fand nun vom 16.-20. Mai 2022 in der „Snickerhallen“, einer Werkstatthalle der KTH Stockholm statt. Das dafür notwendige Material und Werkzeug hatten schwedische Industriepartner gesponsert. Die Studierenden konnten – auch das bestimmte das didaktische Konzept – lediglich auf Handwerkzeug zurückgreifen. Es standen auch aus Sicherheitsgründen keine Abbundmaschinen, Kreissägen oder Fräsen zur Verfügung. Manch einer/ manch eine hatte zum ersten Mal eine Säge in der Hand. Mitten im Bauprozess kamen dann auch die Sponsoren zur Besichtigung im Rahmen eines parallel organisierten Holzbrückenseminars und waren hellauf begeistert von den einzelnen Entwurfsvorschlägen. Besonders jedoch das Können, welches die Studierenden im Bau der Brücke bewiesen, überraschte sie. Es wurden sofort Kontakte zwischen Studierenden und Industriepartnern geknüpft und auch zukünftige Unterstützung zugesichert.
Bis zu diesem Zeitpunkt, der Hälfte der verfügbaren Bauzeit, hatten die Studierendenteams bereits die wesentlichen Tragteile gefertigt und montiert – und am Ende der Woche, nach nur fünf Tagen, stand die 10 m lange Fußgängerbrücke fix und fertig errichtet im Innenhof der KTH Stockholm. Ein Bestimmungsort wurde im Norden des Landes gefunden, wohin die Brücke in den nächsten Wochen auf einem Tieflader transportiert wird.
Befragt nach ihren Erkenntnissen antworteten die Studierenden der htw saar: Besonders die internationale Komponente – Verständigung in englischer Sprache über den gesamten Planungs- und Bauprozess, aber auch die digitale Konstruktion seien außergewöhnliche und sehr wichtige Erfahrungen gewesen. Das mit Abstand beste jedoch war die gewonnene Zuversicht beim Bau dieser Brücke: Was sie selbst zuvor kaum für möglich erachtet hatten, konnten sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen der KTH Stockholm in Teamarbeit innerhalb dieser fünf Tage erbringen. Dabei kam auch die soziale Komponente nicht zu kurz: Stadtführungen organisierten ihre Stockholmer Kommiliton*innen, das abendliche Feiern und das gemeinschaftliche Abschlussessen am Freitag werden in sehr positiver Erinnerung bleiben. Und es gibt bereits Anfragen von Saarbrücker Studierenden nach einem Auslandssemester in Stockholm.
Eine Fortsetzung? Die Kolleginnen und Kollegen der KTH Stockholm setzen gerne das ERASMUS+- Programm fort und würden sich wünschen, im kommenden Jahr wieder Studierende der htw saar begrüßen zu dürfen!
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