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Lehrprojekt vereint Soziale Arbeit und Stadtentwicklung

In einem Lehr-Forschungsprojekt haben Studierende des Studiengangs Soziale Arbeit und Pädagogik der Kindheit an der htw saar eine Bedarfsanalyse für Alt-Saarbrücken erstellt und Angebote für Bewohnerinnen und Bewohner entwickelt. Hierfür haben sie die sogenannte Design Thinking Methode angewandt, ein Ansatz, der zur Lösung von Problemen und zur Entwicklung neuer Ideen führen soll. Ziel bei diesem Projekt zu sozialer Arbeit und Stadtentwicklung war es, innovative Ideen als Antworten auf soziale Bedarfe von Bewohner*innen im Stadtteil Alt-Saarbrücken zu entwickeln.

Hierfür haben sich die Studierenden zwei Semester lang intensiv mit dem Stadtteil und seinen Bewohnerinnen und Bewohner beschäftigt und in zahlreichen Interviews vor Ort nach deren Alltag und der jeweiligen Lebenssituation gefragt. Wie leben die Menschen hier? Was gefällt ihnen an Alt-Saarbrücken und was eher nicht? „Im Gespräch mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des Stadtteils geht es auch ums Zuhören und Verstehen – auf dieser Grundlage wird ein Angebot entwickelt“, erklärt Christian Schröder, wissenschaftlicher Leiter des Projekts und Professor für Methoden der Sozialen Arbeit. „Die Besonderheit ist, dass wir nicht nach Wünschen fragen, sondern verstehen wollen, wie Menschen ihren Alltag im Stadtteil erleben, was ihnen Freude bereitet und auch wo sie Bauchschmerzen verspüren. An diesen Gefühlen setzen wir an und das unterscheidet den Ansatz von gängigen Partizipationsverfahren, die die Bewohnerinnen und Bewohner zum Teil überfordern, weil sie ‚nur‘ nach Wünschen oder sogar nach Lösungen fragen“, so Schröder.

 

In einem Lehr-Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Schröder haben Studierende der Soziale Arbeit und Pädagogik der Kindheit eine Bedarfsanalyse für Alt-Saarbrücken erstellt und Angebote für Bewohnerinnen und Bewohner entwickelt.
In einem Lehr-Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Schröder haben Studierende der Soziale Arbeit und Pädagogik der Kindheit eine Bedarfsanalyse für Alt-Saarbrücken erstellt und Angebote für Bewohnerinnen und Bewohner entwickelt. Fotos: htw saar

In einem ersten Schritt erstellten die Studierenden zunächst einmal eine Sozialraumanalyse. Mit dieser wissenschaftlichen Technik werden sowohl die physische, also bebaute Umwelt, als auch die sozialen Komponenten (Was verstehen Alt-Saarbrücker unter ihrem Raum? Welche sozialen Probleme gibt es?) erfasst und beschrieben. Das Projekt lieferte bisher drei Ergebnisse, auf die die weitere Arbeit aufbaut. „Wir haben festgestellt, dass Alt- Saarbrücken zahlreiche, zum Teil noch ungenutzte Potenziale hat, insbesondere hinsichtlich einer stärkeren Zusammenarbeit der ansässigen Bildungsinstitutionen“, so Schröder. Außerdem habe man festgestellt, dass sich viele Menschen zwar mit dem Stadtteil identifizieren, sich aber dennoch isoliert, abgehängt und in ihrer Sicht nicht ernst genommen fühlen. Eine weitere Kernthese ist, dass sich soziale Probleme in einigen Straßenzügen oder Gebäuden verdichten, die mitunter nicht zum Kerngebiet der geplanten Städtebauförderung zählen. Dadurch können sich soziale Disparitäten durch städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen möglicherweise verschärfen.

 

Wie kann man die Situation in Alt-Saarbrücken für die Bewohner*innen konkret verbessern? Diese Frage haben sich die Studierenden gestellt und für alle Personengruppen Ideen entwickelt.

Im Anschluss daran wurden soziale Bedarfe ermittelt. In Interviews mit Bewohnerinnen und Bewohnern haben die Studierenden zunächst vier Bedarfsgruppen identifiziert: Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren, alleinstehende Personen ab 65 Jahren, Senior*innen mit eingeschränkter Mobilität und arabische Männer zwischen 45 und 55 Jahren. Diese wurden in sogenannten Personas zusammengefasst. Die Persona steht dabei stellvertretend für eine bestimmte Gruppe. So steht „Nesrin“ beispielsweise für die Gruppe der Jugendlichen. Sie sieht den Leerstand im Stadtteil, die fehlenden Aufenthaltsmöglichkeiten und ist sich der negativen Geschehnisse im Viertel, wie etwa Alkohol- und Drogenkonsum, bewusst. Gleichzeitig sieht sie auch die schönen Orte, wie den Campus der htw saar und den Deutsch-Französischen Garten. Nesrin schätzt die gute Erreichbarkeit im Stadtteil und das Gemeinschaftsgefühl, dennoch hat sie abends manchmal Sicherheitsbedenken und vermisst sichere Begegnungsorte für eine gemeinsame Freizeitgestaltung mit ihren Freunden. Wie kann man die Situation in Alt-Saarbrücken für Nesrin konkret verbessern? Diese Frage haben sich die Studierenden gestellt und für alle Personengruppen Ideen entwickelt. Im Fall von Nesrin hatte die Gruppe beispielsweise die Idee eines Busses, der täglich mehrere Orte in Alt-Saarbrücken anfährt und Jugendlichen einen geschützten Raum als Treffpunkt und Aufenthaltsmöglichkeit mit Freizeitgestaltung bietet.

 

Studierende haben sich für Jugendliche in Alt-Saarbrücken ein besonderes Konzept ausgedacht: Ein Jugendbus soll als Aufenthaltsort mit gemeinsamer Freizeitgestaltung dienen.

Dass sich die Projektgruppe der htw saar intensiv mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des Stadtteils ausgetauscht hatte, zeigte auch deren rege Teilnahme bei der Präsentation der Ergebnisse am 31. Januar 2023 im Forum des Haus des Wissens. Neben Vertretern der Stadt, des Stadtteilbüros und der Hochschule waren so auch zahlreiche Anwohner*innen zu der Abschlussveranstaltung erschienen, um zu hören, welche Vorschläge und Lösungsansätze die Studierenden präsentieren.

Dieses Projekt zeigt, dass wir uns begegnen können. Wir möchten mehr kooperieren und wir wünschen uns, dass die htw saar und der Stadtteil weiter zusammenwachsen“, sagte Carolin Cremer, Projektleiterin des Stadtteilbüros Alt-Saarbrücken. Das Stadtteilbüro (verlinken: https://www.altsb.de/ ) ist Anlaufstelle für alle Bewohner*innen, fungiert als Schnittstelle zwischen Bürger*innen und Stadt, bietet Integrationshilfe und setzt sich für eine aktive Bürgerbeteiligung ein. Es versteht sich aber auch als Kooperationspartner, der verschiedene Akteure im Stadtteil, wie Bildungsträger, Kirchen und Vereine vernetzt.

Kooperationspartner*innen des Lehr-Forschungsprojekts der htw saar sind das Amt für Gesundheit, Prävention und Soziales, das Stadtplanungsamt sowie die Gemeinwesenarbeit Alt-Saarbrücken.

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