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Kulturmanagement in Indien

Im Januar 2017 fand für Studierende des Master-Studiengangs Kulturmanagement am Campus Rotenbühl der htw saar der Workshop „Internationales Kulturmanagement – Fallbeispiel Indien“ statt. Geleitet wurde er von Ina Ross, Art Manager an der National School of Drama in Neu-Delhi, Indien.

In ihrem interessanten Workshop zum Kulturmanagement in Indien, brachte uns Ina Ross näher, wie sehr interkulturelle Unterschiede auch im Management von Kultureinrichtungen zu berücksichtigen sind. Zum Einstieg stellte sie uns die Kunstbiennale Kochi im Bundesstaat Kerala vor. In diesem Zusammenhang diskutierten wir darüber, inwiefern die Organisation eines solchen Projektes von externen Faktoren abhängen kann, beispielsweise einem Regierungswechsel nach einer Wahl.

Darüber hinaus vermittelte Ross uns die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tätigkeit als internationale Kulturmanager. Dazu zählen z.B. Flexibilität und Belastbarkeit, Nutzung der vorhandenen Ressourcen, die Arbeit mit Volontären, Fundraising sowie die Akzeptanz der Bürger. Für eine Tätigkeit in Indien sind noch weitere Aspekte von besonderer Bedeutung. So ist zum einen die Kommunikation mit den Menschen vor Ort das A und O. Und auch das beliebte Hindi-Wort „Jugaad“, das für innovative Problemlösungen steht, wird Tag für Tag gelebt. Improvisation ist der Kern der Arbeit. Das bedeutet aus weniger mehr zu machen, also mit sparsamen Mitteln und Ressourcen pfiffige Lösungen für Alltagsprobleme zu finden.

Uns faszinierten ihre Arbeitserfahrungen außerhalb Deutschlands. Das Kulturverständnis ist in Indien sehr stark mit Identitäten, Natur und Tradition verbunden. Dort existiert – ganz anders als bei uns – kein Begriff der „Hochkultur“. Vielmehr steht die gemeinsame Kultur („unsere Kultur“) im Vordergrund. Ina Ross betonte die Notwendigkeit der Einbeziehung von lokalen Praktiken und Diskursen, um in einer fremden Kultur Anknüpfungspunkte finden zu können. Damit sind eine branchenübergreifende Kommunikation und der Respekt gegenüber dem lokalen Wissen gemeint. Die gemeinsame Arbeit mit den Bürgern schafft große Akzeptanz in der Gesellschaft und hilft bei einem „Notfall“ weiter.

Das internationale Kulturmanagement muss sowohl mit vorhandenen Mittel arbeiten können als auch großes Interesse an anderen Kulturen und Traditionen mitbringen. Zudem ist das Wissen um die politischen Rahmenbedingungen, die Diplomatie und die sozialen Kompetenzen erforderlich. Damit einher geht das Verlassen der eingefahrenen, bekannten Wege („Out of the Box“-Denken). Dies stellt für viele Menschen eine besondere Herausforderung dar.

Im zweiten Teil des Workshops haben wir uns mit dem indischen Kulturpublikum am Beispiel eines Museums in Bhopal beschäftigt. Das Museum in Bhopal lässt sich nicht mit dem „traditionellen europäischen“ Museum vergleichen. In Indien gibt es keine „Sammelkultur“, sondern vielmehr eine Festivalkultur, da die Kunstwerke nur für eine begrenzte Zeit gezeigt werden.

Einen weiteren Unterschied gibt es bei den Kunstaustellungen und der Raumausstattung. Alle Erzeugnisse des künstlerischen Schaffens werden vor Ort hergestellt. In der Museumskultur wird kein Wert auf das Original des Werkes gelegt. Das Museumskonzept befasst sich mit der Art und Weise des Sehens und der Aufmerksamkeit. Darüber hinaus dürfen viele Kunstwerke von den Besuchern angefasst werden. Die Ausstellung findet in einem Bereich statt, in dem eine Vielzahl an Angeboten zu finden ist. Jeder Besucher hat sein eigenes Nutzungsinteresse. Das Museum ist ein Treffpunkt für verschiedene soziale Schichten – egal ob junge Pärchen, Künstler, Familien und Freunde. Außerdem dient es als ein Unterrichtsraum für Schulklassen. Zu dem Museum gehört auch ein eigenes Theater, in dem zeitgenössische Kunst gezeigt wird. Ziel ist es, die verschiedenen Identitäten herauszubilden und zu mobilisieren.

Zum Vergleich wurden während des Workshops bekannte Museen ausgewählt und auf ihr Nutzungsinteresse aus Besuchersicht analysiert. Daraus ergab sich, dass nicht alle Museen innovativ und kundenorientiert sind. Als Handlungsempfehlung wurde herausgefiltert, die Menschen miteinander in Kontakt zu bringen, indem sie im Museum gemeinsam etwas Schönes erleben. Kommunikation, Freundschaft, Kreativität und Offenheit sind dabei die erwünschten Errungenschaften.

Insgesamt war es ein sehr interessanter und lehrreicher Vormittag, bei dem wir viel über die Besonderheiten der indischen Kultur und insbesondere der indischen Kulturinstitutionen gelernt haben… Ein Vormittag, der Lust auf Erfahrungen in fernen Ländern macht.

 

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Ina Ross im Gespräch mit Angestellten des Museums in Bophal. Foto: Ina Ross
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