Der Hidden Champion im Druckgeschäft
Nachrichten über Druckereien in der Tagespresse sind meist keine guten. Es wird von Schließungen berichtet, ein Druckereisterben wird konstatiert. Seit der Erfindung des Buchdrucks ist die Branche einem steten technischem Wandel unterworfen. Wer nicht mithält, muss den Betrieb einstellen. Einen Innovationstreiber der Branche haben wir direkt im Saarland: Die inhabergeführte Ottweiler Druckerei ist ein Hidden Champion. Seit seiner Gründung 1940 hat das Unternehmen mehrmals eine Vorreiterrolle eingenommen und kann sich in der von Krisen und Umbrüchen geprägten Druck-Branche mehr als behaupten. Wir hatten die Möglichkeit, einige Fragen an Petra Krenn, Geschäftsführerin der O/D, zu richten.
Die O/D ist ein innovatives Unternehmen. Wie sichern Sie Ihre Wettbewerbsfähigkeit?
Unser Unternehmen ist inhabergeführt in dritter Generation und beschäftigt heute 140 Mitarbeiter. In den vergangenen Jahren mussten wir uns immer wieder neuen Technologien in der Branche stellen und sind sehr darauf bedacht, die Entwicklung im Auge zu behalten. Wir haben schon vor Jahren damit begonnen, mit unseren verschiedenen technischen Möglichkeiten, also Rollen-, Bogen- und Digitaldruck, innovative Produkte für unsere Kunden zu entwickeln. Vor 18 Jahren erfanden wir beispielsweise Selfmailer, das sind
Aussendungen, die ohne separates Kuvert auskommen. Man spart das Kuvertieren und natürlich auch das Kuvert an sich, eine kostensparende und elegante Lösung. Wir haben damit deutschlandweite Resonanz erfahren. Die Selfmailer haben wir so ausgefeilt, dass sie nicht mehr als 20 Gramm wiegen – die Grammatur für das günstigste Porto. Unser Selfmailer-Highlight ist ein Minikatalog mit 44 Seiten. Das ist damals eine Innovation gewesen, heute machen das andere auch, aber wir waren Vorreiter. Und das ist nicht das Ende der Entwicklung – heute verbinden wir die Selfmailer als Offline-Werbekanal mit den Online-Kanälen.
Der zweite Schwerpunkt ist unser digitales Print- und Werbemittelmanagementsystem SMiLE. Wir sind traditionell sehr stark im Bereich der Druckvorstufe tätig. In den 80ern haben wir ein Unternehmen der Medienproduktion (damals Satz, Satzerstellung, Layout und Lithographie) übernommen. Mit dem Knowhow dieser Übernahme und unserem Druck Know-how haben wir das Produkt SMiLE Printmanagement 4.0 entwickelt, das rein internetbasiert läuft. Wir erstellen für den Kunden ein eigenes Portal, das alle Marketing-Produkte beinhaltet. Vom Messestand über Anzeigen, Merchandising-Artikel und Druckartikel, ob Briefpapier, Umschläge, Flyer und Broschüren, Muster, alles wird in dem Portal hinterlegt und kann dort abgerufen werden. Auswertungen über die Verbräuche werden monatlich erstellt, wir organisieren den Nachschub, entweder durch Zukauf oder Eigenproduktion– meist on demand.
Wo sehen Sie die Stärken der Ottweiler Druckerei?
Wir versuchen für unsere Kunden Lösungen rund um die Bereiche Druck- und Medienproduktion zu finden, damit sie mehr Freiräume haben und erfolgreicher sind. Kunden sollen sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.
Was sind die Vorteile eines mittelständischen inhabergeführten Unternehmens für Studierende?
Inhabergeführte Unternehmen haben eine andere Firmenphilosophie als nicht-inhabergeführte Unternehmen. In der Regel ist der Inhaber selbst im Unternehmen tätig. Er haftet mit seinem Eigentum. Inhabergeführte Unternehmen denken und handeln langfristig. Auch in Krisenzeiten ist auf sie Verlass, sie halten auch dann an ihrer Belegschaft fest. Sie sind eng mit ihrer Region verwurzelt, stehen für besonders gesellschaftliches Engagement und zahlen ihre Steuern in Deutschland. In unserem Unternehmen gibt es ganz flache Hierarchien; die Mitarbeiter sehen wir als Partner, die auch ihre Ideen einbringen können und sollen; sie dürfen auch ausprobieren. Unser Produkt „Selfmailer als Minikatalog“ haben unsere Mitarbeiter aus der Produktion entwickelt. Ebenso wurde unser Print- und Werbemittelmanagement SMiLE von Mitarbeitern entwickelt. Gute, uns weiterbringende Ideen werden bei uns mit Unterstützung der Geschäftsleitung umgesetzt. Es kommt also nicht auf die Größe des Unternehmens an, sondern auf das, was das Unternehmen tut, um am Markt zu bestehen.
Und das ist eine schöne Herausforderung für junge Leute. In einem mittelständischen Unternehmen können sie mehr mitbewegen.
2017 waren Sie der erste Kunde des Innovation Hub an der htw saar. Das Projekt ist inzwischen abgeschlossen. Wie sind Ihre Erfahrungen damit?
Ich kann den Innovation Hub allen Unternehmen empfehlen. Selbst in einem Unternehmen wie unserem mit 140 Mitarbeitern fehlen manchmal die zeitlichen Ressourcen, um Projekte vorzubereiten oder um Wettbewerbsanalysen, Case Studies, Businesspläne etc. zu erstellen. Das Konzept vom Innovation Hub sieht vor, dass Studierende der htw saar unter fachlicher Begleitung von Professorinnen und Professoren diese Lücke füllen. Wenn man einen Bereich im Unternehmen nach vorne bringen möchte, die Ressourcen dafür aber nicht hat, kann das Innovation Hub die Lösung sein.
Erfrischend war die offene Herangehensweise der Studenten, ihr freier Blick auf das Unternehmen, sie haben quergedacht und alles hinterfragt. Wir sind von den Ergebnissen des ersten Projekts so begeistert, dass wir Nachfolgeprojekte in Auftrag gegeben haben. Ich hatte mir schon immer gewünscht, auf ein Team von Studenten zurückgreifen zu können. Oftmals erlaubt es das Tagesgeschäft nicht, sich mit neuen Themen auseinanderzusetzen. Mit dem Innovation Hub kann ich auf höchstmotivierte Leute zugreifen, die das Thema dann anpacken.
Hintergrund innovationhub@htw saar
innovationhub@htw saar unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen im Saarland bei Business Development für eine digitale Welt. In Beratungsprojekten konkretisiert das Team „liegengebliebenen Geschäftsideen“, konzipiert neue Geschäftsmodelle und plant mit dem Management Wege zu digitalen Plattformen, um die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit von saarländischen KMU nachhaltig zu steigern. Aber innovationhub@htwsaar hat einen weiteren wichtigen Effekt: viele hochqualifizierte Absolventen wechseln nach ihrem Studienabschluss zu ihren vormaligen Kunden – die saarländischen Unternehmen und der Wirtschaftsstandort profitieren so wechselseitig und nachhaltig von der htw saar.
Mehr unter www.innovationhub.saarland
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