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Die Magie der Sprache – Produktivität in Linguistik und Fremdsprachenunterricht

Vom 29. bis 31. Oktober 2019 fand unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Thomas Tinnefeld an der htw saar die 5. Saarbrücker Fremdsprachentagung statt. Die Tagung stand unter dem Titel „Die Magie der Sprache – Produktivität in Linguistik und Fremdsprachenunterricht“ – eine thematische Ausrichtung, die bereits im Vorfeld der Tagung auf viel Resonanz gestoßen war.

An der Tagung nahmen Sprachwissenschaftler und Fremdsprachendidaktiker aus mehr als 30 Nationen aller fünf Kontinente teil – u.a. aus Kanada, den USA, China, Japan, Brasilien und Neuseeland. Damit haben die Saarbrücker Fremdsprachentagungen erneut ihre internationale Ausrichtung unter Beweis gestellt und zudem ihren ‚Impact ‚im Rahmen der weltweit zur Fremdsprachenvermittlung abgehaltenen Tagungen bekräftigt.

Im Rahmen der Eröffnung der Tagung, die in diesem Jahr im Haus des Wissens am Campus Alt-Saarbrücken stattfand, hieß der Präsident der htw saar, Prof. Dr.-Ing. Dieter Leonhard, die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer in einer dreisprachig gestalteten Ansprache willkommen. Auch Dr. Susanne Reichrath, Beauftragte des Ministerpräsidenten für Wissenschaft, Hochschulen und Technologie im Saarland, hielt ein Grußwort in drei Sprachen. Die beachtliche Unterstützung der Saarbrücker Fremdsprachentagungen von Seiten des Saarlandes wurde zudem anhand einer Einladung zu einem Empfang der Tagungsteilnehmer in der saarländischen Staatskanzlei deutlich, der am Abend des 29. Oktober stattfand und auf dem Dr. Annette Groh im Namen des Ministerpräsidenten des Saarlandes ein Grußwort sprach. Diese Einladung wurde von zahlreichen Teilnehmern als sehr positiv wahrgenommen und entsprechend gewürdigt.

Auf der 5. Saarbrücker Fremdsprachentagung gab es zum ersten Mal – neben zwei deutschen und zwei englischen Sektionen – eine französische Sektion mit Vorträgen ausschließlich in der Nachbarsprache. Insgesamt standen nahezu einhundert Vorträge auf dem Programm. Zu den drei Hauptvorträgen kamen diesmal drei jeweils eineinhalb Stunden lange Workshops, die im Rahmen der Saarbrücker Fremdsprachentagungen eine Neuerung darstellten. Der wissenschaftliche Wert dieser Tagung darf dabei als hoch bewertet werden: Es wurden zahlreiche neue, zum Teil hochgradig originelle Erkenntnisse vermittelt, die zu einer funktionalen Weiterentwicklung des Fremdsprachenunterrichts beitragen können.

 

 

Die drei Hauptvorträge zum Tagungsthema wurden von Prof. Eli Hinkel (Seattle, USA), Prof. Bessie Dendrinos (Athen, Griechenland) und  Prof. Nikolay Slavkov (Ottawa, Canada) gehalten. Während die ersten beiden Vorträge auf Englisch gehalten wurden, präsentierte Slavkov seinen Vortrag im kanadischen Stil – also auf Englisch und Französisch. Das Verständnis der Vorträge auf Deutsch wurde mittels einer parallel projizierten PowerPoint-Präsentation gewährgeleistet.

Prof. Eli Hinkel ist eine auf ihrem Gebiet weltweit anerkannte Wissenschaftlerin. In ihrem – bewusst praxisnah aufgebauten – Vortrag stellte sie anschaulich dar, dass Lerner eine außergewöhnliche Bandbreite an kommunikativen Fähigkeiten erwerben müssen, um in einer anderen Sprache als der Muttersprache in einer Vielzahl von funktionalen Kontexten kommunizieren zu können. Sie zeigte dabei wichtige Stationen der Entwicklung der Sprachlernenden hin zu erfahrenen Nutzern von Grammatik, Wortschatz und pragmatisch relevanten Konstruktionen auf, die zum einen kontextgerecht verwendet und zum anderen von Muttersprachlern als (relativ) idiomatisch angesehen werden.

Prof. Bessie Dendrinos, die u.a. Präsidentin der ‚European Civil Society Platform for Multilingualism‘ ist, gelang es eindrucksvoll und in theoretisch hochstehender Art und Weise, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die seit langem etablierten Methoden der Fremdsprachenvermittlung einer Veränderung bedürfen, damit ungleich besser als bisher verstanden werden kann, was Sprache letztendlich ist, wie sie gelehrt werden kann und wie sie erlernt wird. Dabei sei ein wenig mehr Magie als bisher wünschenswert, um die herkömmliche Denkweise über Sprache und Sprachunterricht dahingehend zu verändern, dass der Sprachunterricht als ein multilingualer sozialer und pädagogischer Raum verstanden wird, der den Lernenden die Möglichkeit bietet, souverän mit den von ihnen in der Kommunikation ausgehandelten Bedeutungen umzugehen.

Nikolay Slavkov ist außerordentlicher Professor und Director des Canadian Centre for Research and Studies in Bilingualism and Language Planning (CCERBAL) am Official Languages and Bilingualism Institute (OLBI) der Universität Ottawa (Kanada). In seinem Vortrag verortete er seine Überlegungen zum Fremdsprachenlernen nicht nur im Bereich der Linguistik, sondern disziplinübergreifend auch in der Soziologie und der Psychologie. Dabei konzentrierte er sich besonders auf die sich daraus ergebenden Faktoren, die in komplexer Weise einerseits positiv, andererseits negativ auf das Fremdsprachenlernen einwirken. Vor dem Hintergrund der Zweisprachigkeit Kanadas – in deren Zusammenhang er auch die im Rahmen der Frankreich-Strategie angestrebte Zweisprachigkeit des Saarlandes erwähnte – stellte er die Linguistic Risk Taking-Initiative vor. Dabei handelt es sich um ein aktuell an der Universität Ottawa realisiertes Projekt zur Förderung des Fremdsprachenlernens und der Zweisprachigkeit, bei dem die Lernenden bewusst die eigene Komfortzone verlassen sollen, um in einem dominant englischsprachigen Umfeld das Französische zu verwenden. Auf diese Weise sollen sie nicht nur die Sprache auf vergleichsweise natürliche Art und Weise erlernen, sondern zugleich ihr eigenes Selbstvertrauen in der Verwendung dieser stärken können.

 

 

Zum Abschluss der Tagung fand eine öffentliche Podiumsdiskussion statt, die – wie alle Plenarveranstaltungen – von Prof. Tinnefeld auf Englisch, Deutsch und Französisch moderiert wurde. An dieser nahmen Wissenschaftler aus fünf Kontinenten teil: Die beiden Hauptvortragenden Prof. Bessie Dendrinos aus Athen (Griechenland) und Prof. Nikolay Slavkov aus Ottawa (Kanada), und zudem Prof. Martin East aus Auckland (Neuseeland), Prof. Nourredine Guerroudj aus Sidi Bel Abbes (Algerien) und Prof. Jin Zhao aus Shanghai (China). In bewusst enger Einbindung des Publikums, von dem eigene Eindrücke zu aktuellen Entwicklungen in den jeweiligen Herkunftsländern beisteuert wurden, wurden gedankliche Impulse aus den Haupt- und den Sektionsvorträgen diskutiert und die Tagung auf diese Weise thematisch abgerundet.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lobten die enorme Gastfreundschaft sowie den unermüdlichen Einsatz des Organisationsteams, Viele deutsche Teilnehmenden hoben die internationale Atmosphäre der Tagung hervor, die in diesem Kontext in Deutschland eher selten gegeben sei. Die htw saar – und ebenso Saarbrücken sowie das Saarland insgesamt – haben durch die Tagung auf internationaler Ebene somit einen sehr positiven Eindruck hinterlassen.

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