Projekt INTE:GRATE zieht Bilanz: Intelligente grüne Mobilität im Saarland – Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Am 10. Dezember 2024 fand die Abschlussveranstaltung des Forschungsprojekts INTE:GRATE „INTElligente Grüne MobilitÄt“ statt. Die Projektpartner – die Forschungsgruppe Verkehrstelematik (FGVT) der htw saar, der Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Universität des Saarlandes sowie der Forschungsbereich Smart Service Engineering des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz (DFKI) – präsentierten im Rahmen der Veranstaltung die zentralen Ergebnisse ihrer dreijährigen Forschungsarbeit. Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit mit Kommunen, Mobilitätsunternehmen und der Privatwirtschaft durchgeführt und mit rund 760.000 Euro durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie gefördert.
Die Ergebnisse bieten nicht nur wertvolle Einblicke in die Herausforderungen im Bereich der Mobilität, sondern eröffnen auch vielversprechende Perspektiven für eine nachhaltige und intelligente Mobilität in der Region Saarland.
INTE:GRATE untersuchte das Mobilitätsdaten-Ökosystem des Saarlandes aus drei Perspektiven: den Anforderungen der Stakeholder, also Entscheiderinnen und Entscheider aus Politik und Verwaltung (Landesbehörden, Landkreise und Kommunen), Verkehrsplanerinnen und Verkehrsplaner, Verkehrsbetriebe sowie Interessenvertretungen, den verfügbaren Daten und den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer. Ziel war es, eine belastbare Datenbasis für einen bedarfsorientierten Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sowie die Integration neuer Mobilitätsangebote wie Mobility-as-a-Service (MaaS) zu schaffen.
Eine Analyse des Status quo deckte Wissenslücken zu Bewegungsmustern der Bevölkerung auf und identifizierte Herausforderungen bei der Umsetzung von MaaS. Auf dieser Grundlage wurden empirische Studien durchgeführt, darunter:
- eine Pilotdatenerhebung mit der MotionTag-App: Eine siebenmonatige Datensammlung mit 427 Freiwilligen, die Bewegungsmuster und Verkehrsmittel automatisch erfasste.
- Online-Umfragen und Fokusgruppen: Meinungen und Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger zum Mobilitätsangebot wurden eingeholt.
- Analyse von Saarfahrplan-Daten: Hot Spots und White Spots im Mobilitätsnetz wurden identifiziert.
Das Forschungsteam von Wirtschaftsinformatiker Professor Wolfgang Maaß von der Universität des Saarlandes bearbeitet mit seinen KI-Methoden die so gesammelten Daten und ergänzt sie um weitere wie Wetterdaten, Fahrpläne, Nachrichten über Bahnstreiks oder Staus, Daten von sozialen Netzwerken bis hin zur Kriminalstatistik. „Wir trainieren unsere KI-Modelle mit den von der htw saar erhobenen Daten und einer Vielzahl weiterer Informationen“, erklärt Professor Wolfgang Maaß. Dabei machen sie die Auswertungen auf der Plattform MobiVue anschaulich unter anderem mithilfe von interaktiven Landkarten, auf denen auch mehrere Anfragen gleichzeitig visualisiert werden können. Auf diese Weise erhalten Verkehrsplaner und die, die über den Verkehr der Zukunft strategische Entscheidungen treffen, ein Instrument, um Mobilität und Verkehr besser zu verstehen und fundiert zu beurteilen.
Die Studien zeigen: Das Auto bleibt das bevorzugte Verkehrsmittel, selbst auf kurzen Strecken von zwei bis fünf Kilometern. Dennoch zeichnet sich ein Wandel ab: 28 Prozent der Saarländerinnen und Saarländer nutzen bereits multimodale Mobilitätslösungen und sehen großes Potenzial in Fahrrädern, Sharing-Angeboten und On-Demand-Diensten.
Bis 2035 soll die Mobilität im Saarland nachhaltiger und sozialer gestaltet werden – in diesem Punkt sind sich alle an den Studien beteiligten Akteure einig – ergänzt durch digitale und KI-basierte Lösungen. Die hohe Abhängigkeit vom motorisierten Individualverkehr ist historisch bedingt und wird durch ein oft unzureichendes ÖPNV-Angebot verstärkt.
Neben allgemeinen Verbesserungen im Bereich Servicequalität (15-Minuten-Taktung, Sauberkeit an Haltestellen und in den Fahrzeugen, Sitzmöglichkeiten und Überdachung an Haltestellen) können schrittweise Innovationen, so die Forschenden, den Wandel unterstützen:
- Flexible Angebote wie Rufbusse und von Gemeinden initiierte Car-Sharing-Modelle: Besonders in ländlichen Regionen verbessern sie die Mobilität für alle Altersgruppen und erleichtern den Zugang zu wichtigen Dienstleistungen.
- Mobilitätshubs an Stadträndern: Park-and-Ride-Parkplätze und ein Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur fördern umweltfreundliche Verkehrsmittel und steigern die Lebensqualität in Städten.
- Match-Making von Mobilitätsbedürfnisse mithilfe von KI-Lösungen, um den individuellen Pendelverkehr zu reduzieren.
„Die Mobilität im Saarland benötigt einen Paradigmenwechsel. Eine neue Mobilitätskultur, die auf Sharing-Konzepte und Suffizienz basiert, soll im Saarland etablieren werden. Und dies sollte bereits im Kindesalter beginnen“, so das Fazit von Projektleiter Prof. Dr.-Ing. Horst Wieker.
Die enge Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure und Verkehrsbetreiber sowie eine gemeinsame Kommunikationsstrategie, die den gesellschaftlichen und ökologischen Mehrwert nachhaltiger Mobilitätskonzepte vorstellt und deren Akzeptanz in der Bevölkerung fördert, sind entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung.
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