Sie lesen gerade: Wettbewerbsvorteil Hochschulkooperation

Wettbewerbsvorteil Hochschulkooperation

Die htw saar, die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, ist eine der forschungsstärksten Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Deutschland. Das Technologietransfer-Institut an der htw saar, die FITT gGmbH, gilt international als Best-Practice-Beispiel zur Organisation der Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Wirtschaft. Zukünftig soll zudem das neugegründete Zentrum Mittelstand Saar die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes noch weiter mit der regionalen Wirtschaft verzahnen. Business News sprach mit dem Präsidenten der htw saar, Prof. Dr. Wolrad Rommel, und dem Geschäftsführer der FITT gGmbH, Georg Maringer.

 

saarwirtschaft_2
Präsident der htw saar Professor Dr. Wolrad Rommel (l.) und FITT-Geschäftsführer Georg Maringer im Gespräch mit den Business News über Wettbewerbs-vorteile durch Hochschulkooperationen für die Wirtschaft.

Welche Rolle spielt die htw saar für die regionale Wirtschaft?
Professor Rommel:
Der Beitrag der htw saar zu regionalen Wertschöpfung ist vielfältig. Zunächst einmal sind wir selbst Arbeit- und Auftraggeber. Unser Jahresbudget inklusive Drittmittel liegt immerhin bei rund 35 Millionen Euro. Hinzu kommen das FITT mit weiteren fünf Millionen Euro sowie weitere hochschulnahe Institute. Unsere Studierenden nehmen ebenfalls am Wirtschaftsleben teil und stärken somit insbesondere die Wirtschaft der Landeshauptstadt.

Durch die praxis- und anwendungsorientierte Ausbildung an der forschungsstarken Hochschule liefert die htw saar darüber hinaus vor allem saarländischen Unternehmen den Nachwuchs für alle Einsatzbereiche bis hin zu Forschung und Entwicklung. In Bachelor-und Masterprogrammen studieren derzeit über 6.000 junge Frauen und Männer in Ingenieurwissenschaften, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Mehr als die Hälfte von ihnen studiert Ingenieurwissenschaften. Dies sind 80 Prozent aller Ingenieurstudierenden im Saarland. Von unseren Absolventinnen und Absolventen bleiben übrigens rund zwei Drittel hier in der Region.

Last but not least spielt die htw saar eine wichtige Rolle im Innovationsgefüge des Saarlandes. Unser Fokus liegt auf anwendungsorientierter Lehre und Forschung sowie Transfer von Wissenschaft in die Region. Die Forschung der htw saar ist klar auf Innovation ausgerichtet: Sie soll zu innovativen Lösungen mit Mehrwert für die Praxis führen. Kurz gesagt, eine besondere Stärke der htw saar ist der Transfer von Forschung, Wissen und Kompetenzen in die Region zur Forcierung der Innovationskraft und der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Dabei spielt die FITT gGmbH eine wichtige Rolle.

 

Was zeichnet das FITT aus?
Maringer: Wir sind ohne Übertreibung im nationalen Vergleich sehr erfolgreich beim Technologie- und Wissenstransfer über Projekte. Nicht wenige Unternehmen sehen ganz klar die Wettbewerbsvorteile, die ihnen die Kooperation mit htw saar und FITT verschafft. Gegenwärtig bearbeiten wir so in Kooperation mit Unternehmen rund 80 große und kleine Projekte mit 90 Beschäftigten. Die wissenschaftliche Leitung der Projekte liegt dabei zumeist bei Professorinnen und Professoren der htw saar. Zudem verantworten wir neben den Großveranstaltungen der htw saar – die Absolventenfeier „GradNight“ und die Unternehmenskontaktbörse „connect@htwsaar“ – auch seit 2015 die Existenzgründungsberatung an der htw saar, ebenfalls mit vorzeigbarem Ergebnis.

 

Jede Hochschule hat doch eine Transferstelle. Worin unterscheidet sich das FITT von Modellen anderer Hochschulen?
Professor Rommel:
Die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen ist für beide Seiten attraktiv – in der Theorie. In der Praxis hingegen gestaltet sich eine Zusammenarbeit oft schwierig. Eine Hochschule ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und kein Unternehmen der privaten Wirtschaft. Strukturen und Abläufe sind ganz einfach verschieden. Die htw saar ging daher bereits 1985 einen für die damalige Zeit unüblichen Weg, nämlich Forschungs- und Entwicklungskooperationen auf eine angegliederte, dennoch externe Organisation zu übertragen. Das war zunächst ein Verein, der Kongresse organisierte und erste kleinere Projekte der Auftragsforschung abwickelte. 2002 übernahm dann eine neugegründete gemeinnützige GmbH das gesamte operative Geschäft – die Geburtsstunde des heutigen FITT. Der Vorteil ist, an einer Kooperation interessierte Unternehmen treffen bei uns auf eine vertraute Struktur mit vertrauten Abläufen. Umgekehrt ist das Haftungsrisiko minimiert und man kann flexibel agieren. So kann sich das FITT zum Beispiel auch problemlos an zukünftigen Ausgründungen aus der Hochschule beteiligen.

 

Welche Aufgaben wird im Vergleich dazu das neue Zentrum Mittelstand Saar haben?
Professor Rommel:
Das FITT ist sehr erfolgreich und wird es ohne Zweifel auch bleiben. In diesem Jahr haben wir jedoch in der Tat zusätzlich das Zentrum Mittelstand Saar auf den Weg gebracht, künftig an der Hochschule der erste Ansprechpartner für Unternehmen zum Transfer nicht über Projekte, sondern über Köpfe. Im Zentrum Mittelstand Saar werden wir neue Konzepte der Zusammenarbeit entwickeln, die die Möglichkeiten der htw saar und die Anforderungen der Unternehmen besonders des Mittelstands zusammenführen. Das Ziel ist die Etablierung einer neuen Kooperationskultur, die die Vernetzung von Professorinnen und Professoren, Studierenden sowie Absolventinnen und Absolventen mit mittelständischen Unternehmen effektiv stärkt. Wir wollen so noch stärker als bisher die Fachkräfte hervorbringen und die Talente fördern, die die Zukunft des Saarlandes sichern.

 

Zurück zur Förderung von Existenzgründerinnen und -gründern an der htw saar. Wie ist der aktuelle Stand?
Maringer
: Es gab in der Vergangenheit viele erfolgreiche Ausgründungen aus der htw saar, Orbis oder Vensys Energy zum Beispiel. Doch erst seit 2015 erhalten wir eine Stelle aus europäischen und Landesmitteln finanziert, die es uns erlaubt, eine systematische Existenzgründungsförderung an der htw saar anzubieten. FITT ist seither offiziell als Existenzgründungsnetzwerk beim Bundeswirtschaftsministerium anerkannt. Seither können unsere Gründungsteams auch über die htw saar Anträge auf EXIST-Förderung stellen. Vier Anträge wurden seither gestellt, drei bewilligt. Aus einem Euro Landes- bzw. EU-Förderung wurden so neun weitere Euro Bundesmittel. Damit sind wir auf Anhieb auch national in der Spitzengruppe gelandet. Allerdings hatten wir dann ein Platzproblem.

 

m Sommer wurde im Beisein von Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (Mitte) sowie der Beauftragten der Ministerpräsidentin für die Hochschulen Dr. Susanne Reichrath (l.) offiziell das neue Gründerzentrum von htw saar und FITT eröffnet.
Im Sommer wurde im Beisein von Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (Mitte) sowie der Beauftragten der Ministerpräsidentin für die Hochschulen Dr. Susanne Reichrath (l.) offiziell das neue Gründerzentrum von htw saar und FITT eröffnet.

Wie haben Sie das Platzproblem in Sachen Existenzgründungen gelöst?
Professor Rommel:
Wir haben im Sommer dieses Jahres gemeinsam am Innovationscampus Saarbrücken ein Gründerzentrum eröffnet, rund 400 m² Büro- und weitere 100 m² Laborfläche. Fast die Hälfte ist schon belegt.

Maringer: Wir haben derzeit einige weitere interessante Ausgründungen in der Pipeline. Bei der gegenwärtigen Nachfrage sind wir spätestens Ende 2017 ausgebucht.

 

Letzte Frage, wie kommt ein Unternehmen, das Interesse an einer Zusammenarbeit hat, mit Ihnen in Kontakt?
Maringer: Anrufen oder E-Mail schreiben, ganz einfach. Gemeinsam finden wir die passenden Anknüpfungspunkte. Und wenn es sie mal nicht an der htw saar gibt, vermitteln wir auch gerne weiter.

Professor Rommel: FITT arbeitet eng und gut mit nahezu allen relevanten Akteuren im Saarland zusammen, zum Beispiel in der Initiative Technologietransfer mit saar.is und der KWT an der Universität des Saarlandes.

Herr Professor Rommel, Herr Maringer, wir bedanken uns für das informative Gespräch.

 

Quelle: Verlagsbeilage „Business News Saarland“ der „SaarWirtschaft“ (IHK Saarland), Ausgabe 12/16

Artikel drucken

0 Kommentare in “Wettbewerbsvorteil Hochschulkooperation”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert