Manchmal kommt es anders, als man denkt
Die htw saar lässt sich derzeit im Rahmen eines Audits in Sachen Diversity auf Herz und Nieren prüfen. Daraus entstanden ist das Label „Faktor Vielfalt“, unter dem zukünftig Maßnahmen und Aktionen zu finden sind. Die erste öffentlichkeitswirksame Maßnahme ist eine Aufsteller-Aktion an den Standorten der Hochschule. Dazu wurden an der Hochschule 13 Interviews durchgeführt, denn Vielfalt zeigt sich in den unterschiedlichen Studien-, Bildungs- und Berufswegen sowie Lebensläufen der Studierenden und Beschäftigten der htw saar. Diese Vielfalt beeinflusst und bereichert unseren (Hochschul-)Alltag. Überzeugen Sie sich in unserer neuen Reihe von unserem Faktor Vielfalt!
Diesen Monat stellen wir Ihnen Stefanie Tobä vor:
Stefanie Tobä ist eine Powerfrau: Die Studentin aus Eppelborn kümmert sich um ihren zweijährigen Sohn, hat einen Full-Time-Job und glänzt mit Spitzennoten im Studium. Ein straffes Programm – für die organisierte Vollblutmami jedoch ein Kinderspiel.
Eigentlich wollte Stefanie Tobä schon immer Bauingenieurin werden. Als sie in der Schule ein zweiwöchiges Praktikum im Ingenieurbüro ihres Onkels machte, entdeckte sie ihre Leidenschaft für die Baustelle. Nach dem Abitur studierte Stefanie Tobä dennoch zunächst Mathematik und Physik auf Lehramt an der Universität. „Ich weiß gar nicht warum, aber ich wollte unbedingt einen Uni-Abschluss haben“. Doch manchmal kommt es anders, als man denkt. „Das Studium hat mir richtig gut gefallen und ich hatte es größtenteils beendet. Für das Referendariat hatte ich dann aber nicht so viel Zeit, da ich unerwartet ein Kind bekommen habe.“ Und weil das Referendariat sehr zeitaufwändig ist, entschied Stefanie Tobä etwas anderes zu machen. So kam sie zurück zum Bauingenieurwesen.
Um sicherzugehen, dass es wirklich das ist, was sie machen möchte, absolvierte Stefanie Tobä vor Beginn des Studiums an der htw saar erneut ein Praktikum bei ihrem Onkel. „Das Praktikum sollte eigentlich nur ein paar Wochen dauern. Dann habe ich richtig Spaß daran gefunden, habe ganz viele Sachen machen dürfen, habe meinen Onkel auf Baustellen begleitet. Das war so interessant, dass ich gar nicht aufhören wollte. Das Praktikum ging letztlich sieben Monate – bis das Studium angefangen hat.“
Heute ist Stefanie Tobä im dritten Semester und bereut ihre Entscheidung keineswegs. Das Studium läuft hervorragend – Tobä ist eine ehrgeizige Studentin, erreicht in allen Fächern Spitzenleistungen. „Ich habe natürlich schon gewisse Vorkenntnisse, die Mathematik, Physik und die beruflichen Erfahrungen machen wirklich viel aus.“, erklärt sie. Neben dem Studium arbeitet Tobä 30 Stunden die Woche im Ingenieurbüro ihres Onkels, je nach Auftragslage auch mehr.
Studium, Job und Familie unter einen Hut zu bekommen, ist für die 29-Jährige kein Problem: „Da nur in wenigen Lehrveranstaltungen Anwesenheitspflicht herrscht, kann ich mir alles so einteilen, wie es mit dem Kleinen am besten passt. Außerdem habe ich viel Unterstützung von meinem Partner – also Tims Papa – und meiner Mutter.“ Unter der Woche ist Tim in der Kita. Lediglich wenn der 2-Jährige krank ist, wird die Organisation ein bisschen schwierig. „Gemeinsam finden wir immer eine Lösung. Ich habe den Kleinen zum Beispiel schon mit an die Hochschule genommen. Er ist total unkompliziert und auch die Dozenten sind verständnisvoll“, erzählt Stefanie Tobä.
Anderen Studierenden oder Studieninteressierten mit Kind möchte sie Mut machen: „Man hat oft irgendwelche Ängste, aber man muss es einfach ausprobieren. Und wenn es nicht klappt, klappt’s halt nicht. Aber man sollte immer im Hinterkopf behalten, wofür man es macht – das ist bei mir einfach der Kleine.“
Was die meisten nicht wissen: Vor sechs Jahren erlitt Stefanie Tobä ganz unerwartet einen Schlaganfall – ein großer Schock für ihre Familie. Die Überlebenschancen waren gleich null, doch Tobä ist eine Kämpfernatur. Mühsam kämpfte sie sich ins Leben zurück, musste vieles neu erlernen. Heute merkt man ihr dies nicht an. Es gibt aber Dinge, die für andere nicht sichtbar sind. So nimmt Stefanie Tobä alle Geräusche ungefiltert wahr und kann sich daher nicht so lange konzentrieren. Dies ist einer der Gründe, warum sie lieber zu Hause lernt. Stefanie Tobä nimmt aus diesem Schicksalsschlag das Positive mit: „Ich habe in der Vergangenheit viel Negatives erlebt. Das hat mich geprägt, aber vor allem stark gemacht. Natürlich habe ich Angst vor weiteren Anfällen, aber das rückt in den Hintergrund. Mein Sohn ist für mich das Wichtigste im Leben – ich möchte für ihn ein Vorbild sein.“
Was ist für Stefanie Tobä Vielfalt?
„Vielfalt bedeutet mehrere Wege in Erwägung ziehen und mehrere Wege gehen. Man sollte nicht einfach strikt in eine Richtung gehen, sondern auch nach links und rechts schauen – und andere mitziehen.“
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