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Radikalisierung! Auch ohne Islam? – Demokratie! Auch ohne Radikalität?

In Kooperation mit dem Centre contre la radicalisation Luxemburg sowie den Projekten „Yallah! – Fach- und Vernetzungsstelle Salafismus im Saarland“ und „Radikalisierungsprävention im Strafvollzug Saar“ (Bundesprogramm „Demokratie leben!“) der Forschungs- und Transferstelle Gesellschaftliche Integration und Migration (FITT gGmbH/GIM) fand am Ende 2018 die erste Fachtagung zum Thema „Radikalisierung! Auch ohne Islam? – Demokratie! Auch ohne Radikalität?“ statt.

 

 

Rund 80 Teilnehmende aus Kinder- und Jugendhilfe, Jugendmigrationsdiensten, Strafvollzug sowie Schulen trafen sich, um sich mit unterschiedlichsten Fragestellungen zum Thema auseinanderzusetzen. Dabei ging es unter anderem um Fragen wie „Warum schließen sich Menschen Bewegungen wie dem Salafismus oder dem Rechtsextremismus an?“ oder „Ist der Begriff ‚Radikalisierung‘ stets gleichzusetzen mit ‚Katastrophe‘, oder vielleicht auch mit ‚Chance‘?“.

Mit Grußworten von Karin Meißner (FITT gGmbH/GIM), Dr. Manfred Kost (Ministerium der Justiz) und Karin Weyer (respect.lu) stellvertretend für die luxemburgische Ministerin für Familie, Integration und die Großregion wurde die Fachtagung eröffnet. Anschließend folgten Impulsvorträge von Christian Salman (Bundesprogramm „Demokratie leben!“, Peter Kagerer (respect.lu) und Behnaz Abdan (FITT gGmbH/GIM). In allen Vorträgen wurde die Wichtigkeit der (kritischen) Auseinandersetzung mit der Thematik deutlich, nicht nur im wissenschaftlich-gesellschaftlichen Diskurs, sondern auch in der Praxis – gerade dann wenn es um die Fragen geht, wo Professionelle mit ihrer Präventionsarbeit ansetzen können, wie sich diese Ansätze gestalten lassen und auch welche Alternativen die Gesellschaft zum ‚Radikalen‘ bieten kann.

 

Dr. Manfred Kost (Ministerium der Justiz)

 

Um die Diskussion über die Rückschlüsse für die professionelle Präventionsarbeit zu unterstützen, wurden zwei Aussteiger eingeladen, die von ihren Erfahrungen in der salafistischen bzw. rechtsextremistischen Szene berichteten. In den beiden Workshops am Nachmittag lag der Fokus auf dem individuellen Einstieg und der Frage, welche Rolle dabei sowohl die jeweilige Ideologie als auch die individuelle Biografie spielten. Die beiden Referenten berichteten offen und ohne Zensur über ihre Erfahrungen, setzten sich mit kritischen Fragen der Teilnehmenden auseinander und stellten aus ihrer Sicht Möglichkeiten dar, wo Präventionsarbeit (und Ansätze der De-Radikalisierung) ansetzen können und müssen: nämlich schon recht früh in der Biografie des jeweiligen Individuums und nicht erst dann, wenn der Prozess der Radikalisierung bereits eingesetzt hat oder abgeschlossen ist. Dann werde es schwierig.

 

 

Die Frage des Ausstiegs und damit einhergehender Beweggründe wurde in der abschließenden Podiumsdiskussion aufgegriffen. Deutlich wurde in dieser Diskussion, dass es durchaus Parallelen bei beiden Referenten zu verzeichnen gibt: die Anregung zum Nachdenken über einen Ausstieg durch viele kleine, unterschiedliche Impulse sowohl aus der jeweiligen Szene heraus, aber auch durch ‚Außenstehende‘, Freunde und Bekannte sowie Professionelle wie Sozialarbeitende. Ebenso deutlich war die Aussage beider dahingehend, dass es sich bei dem Ausstieg um einen langen Prozess handeln kann, der teilweise zeitlich länger verläuft, als der jeweilige Einstieg. Zwar schaffe man die aktive Gestaltung des Ausstiegs und die Zeit danach nicht unbedingt ohne Unterstützung, so waren sich beide jedoch einig darüber, dass der Ausstieg aus der Szene nur dann gelingen kann, wenn die jeweilige Person aus intrinsischen Motiven heraus handelt und bereit ist, die extrinsischen Impulse zu reflektieren. Es könne niemand zu einem Ausstieg überredet oder gezwungen werden, wenn dies nicht ausdrücklich auch der eigene Wunsch ist.

Deswegen sei Präventionsarbeit auch so wichtig – darüber waren sich die Teilnehmenden der Veranstaltung einig. Weiter formulierten sie den Wunsch, solche Veranstaltungen zu wiederholen; gerne auch nochmals mit Aussteigerinnen und Aussteigern aus unterschiedlichen extremistischen Szenen. Zwar könne deren individueller, biografischer Verlauf nicht generell exemplarisch für alle sich radikalisierenden Menschen stehen, aber dennoch Anhaltspunkte dahingehend liefern, wie und wo wir als Professionelle ansetzen können, um einer extremistischen Radikalisierung entgegenzutreten.

Die Veranstalterinnen und Veranstalter bedanken sich bei allen an der Planung und Umsetzung des Fachtages Beteiligten sowie bei allen Teilnehmenden für diesen gelungenen Tag.

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