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„Kirchen als Baudenkmäler sind ganz besondere, schützenswerte Orte“

Eine Abschlussarbeit, die man sicher nicht so schnell vergisst: Die Studierenden Natali Braun und Tim Friedrich beteiligen sich an dem Projekt „Restaurons Notre Dame“ zum Wiederaufbau der Kathedrale Notre-Dame de Paris, die bei einem Feuer 2019 schwer beschädigt wurde. Bei dem internationalen Studienprojekt arbeiten rund 50 deutsch-französische Master-Studierende vorwiegend aus Architektur und Bauingenieurwesen an verschiedenen Themenfeldern zum Wiederaufbau der berühmten Pariser Kirche. Die beiden Bauingenieure Braun und Friedrich beschäftigen sich dabei unter der Leitung von Prof. Klaus-Dieter Köehler und Prof. Gudrun Djouahra mit dem zerstörten Dachstuhl der Kathedrale. Das Thema ihrer Masterarbeiten beinhaltet „Les effets gravitaires et climatiques sur la charpente de Notre Dame“, zu Deutsch „Einfluss von Lasten und Bauphysik/ Klima auf die Tragstruktur des Dachstuhls von Notre Dame“.

Wie kommt man zu solch einem Jahrhundertprojekt? Wie funktioniert Klimasteuerung in Baudenkmälern? Prof. Djouahra gibt Einblick in das Projekt und ihre Arbeit.

Die beiden Master-Studierenden Tim Friedrich und Natali Braun (im Vordergrund) beschäftigen sich unter der Leitung von Prof. Gudrun Djouahra und Prof. Klaus-Dieter Köehler in ihrer Abschlussarbeit mit dem zerstörten Dachstuhl von Notre Dame de Paris. Foto: Sand/htw saar

 

Prof. Djouahra, der Wiederaufbau von Notre Dame de Paris ist ein Bauprojekt von Weltrang. Wie sind Sie und Ihre Studierenden dazu gekommen, daran mitwirken zu können?

Prof. Djouahra: Wir arbeiten schon lange mit der L’École nationale supérieure des technologies et industries du bois in Épinal zusammen. Das ist eine sehr bekannte und renommierte Ingenieur-Holzbauschule, die Ingenieure und Architekten ausbildet. Wir nehmen dort schon seit Jahren an dem internationalen Holzbau-Wettbewerb Défis du Bois teil. Initiiert hat das mein Vorgänger Prof. Köehler und ich führe das seit 2016 weiter. Ich nehme jedes Jahr mit einigen Studierenden an dem Workshop teil. Die Beteiligung an dem Projekt „Restaurons Notre Dame“ ist dabei durch persönliche Kontakte entstanden. Der Leiter, Franck Besançon, hat mich aufgrund meines Forschungsprojektes in der Schlosskirche angesprochen, bei dem es um das Innenraumklima geht. Er hat den Master-Workshop ins Leben gerufen, bei dem sich 50 Studierende im Rahmen ihrer Abschlussarbeit mit dem Wiederaufbau von Notre Dame beschäftigen.

 

Zwei Ihrer Studierenden befassen sich in ihren Abschlussarbeiten mit dem hölzernen Dachstuhl der Kathedrale. Welche Themenfelder behandeln die Masterarbeiten und was gilt es hierbei zu beachten?

Prof. Djouahra: Unsere Studierenden behandeln zwei Themenfelder: Zum einen geht es um das Innenraumklima im Dachstuhl, das geprägt ist durch die Kennwerte Feuchtigkeit und Temperatur. Hierbei werden Maßnahmen untersucht, die ein bestimmtes Klima erzeugen, beispielsweise Dämmung, Lüftung und weitere bauphysikalische Maßnahmen. All diese Dinge werden berechnet, um Empfehlungen für die Baustelle zu geben. Dabei arbeiten unsere Masterstudierenden sehr eng an dem originalgetreuen Aufbau der Kathedrale. Die andere Master-Thesis ist statischer Natur, es geht um Lasten und die Tragfähigkeit des Dachstuhles. Insbesondere wird hierbei untersucht, wie die Windlasten vor 800 Jahren waren und wie sie in den nächsten 800 Jahren sein werden.

Das Besondere am Projekt: Die Arbeit im Workshop war geprägt durch einen intensiven Austausch auch mit anderen Studierenden, die sich mit ähnlichen Themen befasst haben. Beispielsweise mit Meteorologie-Studierenden, die die Wetterdaten geliefert haben. Wirklich ein tolles Projekt, das Mitte Februar mit der Vorstellung der Arbeiten vor einem Expertenkomitee abschließt.

 

 

Welche Bedeutung haben diese Studienprojekte für den Wiederaufbau von Notre Dame? Arbeiten Sie mit ausführenden Firmen zusammen? Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen?

Prof. Djouahra: Die Arbeiten sind klar deklariert als universitäres Projekt mit Eibindung von Praxispartnern. Es gab Gespräche zwischen der Projektleitung und den ausführenden Firmen. Dieses universitäre Projekt hat schon nochmal so einen Schub gegeben, Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. In der Praxis kann man es sich in der Regel nicht erlauben, sich so lange mit solchen Konstruktionen zu beschäftigen, insofern brauchte es die Zuarbeit aus Forschung und universitären Einrichtungen.

 

Sie kommen eigentlich aus dem Betonbau, was macht für Sie den besonderen Reiz am Wiederaufbau einer Kirche aus?

Prof. Djouahra: Ich habe zwar im Betonbau promoviert, aber in der Praxis ist meine Arbeit im Zusammenspiel von Architektur und Bauingenieurwesen sehr breit gefächert. Auf das Thema Kirche bin ich durch den Forschungsschwerpunkt der Architekten gekommen: Industriekultur und historisch bedeutsame Gebäude. In diesem Rahmen haben wir verschiedene Kirchen im Saarland untersucht, aktuell die Schlosskirche. Reizvoll ist zum einen das Thema sakrale Bauten und insbesondere auch die historischen Konstruktionen. Ich bin kulturinteressiert, spannend finde ich daher auch die Umnutzung von Kirchen beispielsweise als Veranstaltungsort. Kirchen als Baudenkmäler sind ganz besondere, schützenswerte Orte, die dazu einladen, Kultur zu erleben.

 

Sie leiten das Labor für Bauphysik an der htw saar. Erzählen Sie uns mehr dazu.

Prof. Djouahra: Das Labor für Bauphysik ist parallel zu dem Forschungsthemenfeld entstanden. Neben der persönlichen Affinität ist das auch ein Gebiet mit Zukunftsperspektive. Gerade die Klimaforschung ist ein zukunftsträchtiges Thema. Für unsere Hochschule ist das Labor so interessant und von großem Wert, weil es den Forschungsschwerpunkt Schnittstellen/ Messtechnik aufgreift. Unser Labor für Bauphysik bewegt sich genau in diesem Bereich und profitiert von der Nähe zu den Ingenieurwissenschaften was die Messtechnik anbetrifft, aber auch was das Datenhandling angeht. Wir haben hier innovative Messeinrichtungen entwickelt mit Echtzeit-Auswertung. Es ist eine sehr gute Verbindung zwischen Forschung und Lehre: Studierende haben hier die Möglichkeit, direkt an Forschungsprojekten teilzunehmen. Sie lernen neben handwerklichen Dingen unter anderem auch wie man mit riesigen Datenmengen umgeht.

 

Ihr Kernforschungsprojekt ist die Klimasteuerung in Gebäuden, insbesondere in historisch bedeutsamen Bauwerken. An welchen Projekten haben Sie bisher gearbeitet? Was ist in Zukunft geplant?

Prof. Djouahra: Wir beschäftigen uns mit historischen Gebäuden vornehmlich im Saarland, beispielsweise der Pingusson-Bau, die Martinskirche in Köllerbach und die Schlosskirche. Bei der Schlosskirche haben wir einen Kooperationsvertrag mit dem Landesamt für Denkmalpflege geschlossen. Hier führen wir zurzeit Messungen über den Zeitraum von einem Jahr durch.

 

Außer Notre Dame – haben Sie ein Traumprojekt? Welches Bauwerk würden Sie gerne genauer untersuchen?

Prof. Djouahra: Ich muss sagen, Notre Dame ist tatsächlich das Traumprojekt schlechthin.

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