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Struktur und Bedeutung des saarländischen Außenhandels

Das Saarland ist eine überaus „offene Volkswirtschaft“. Mit einer Exportquote von rund 42 % liegt es an der Spitze aller deutschen Flächenstaaten. Fahrzeuge, Stahl und Maschinen sind der „Renner“. Ein Großteil geht dabei in Mitgliedsländer der Europäischen Union.

Auf Einladung von Prof. Dr. Leonhard Firlus von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften hielt Oliver Groll, Geschäftsführer des Geschäftsbereichs „Wirtschaftspolitik und Unternehmensförderung“ sowie Leiter des „Kompetenzzentrums Außenwirtschaft“ der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes, am 28. Juni 2022 einen Vortrag vor Studierenden der Bachelor-Studiengänge Internationale Betriebswirtschaft und International Business. Im Fokus stand die Bedeutung des Außenhandels für die saarländische Wirtschaft.

Die Stärke Deutschland als Exportnation lässt sich auf eine Reihe von Faktoren zurückführen; dies sind u.a. eine starke Industrie, ein flexibler Mittelstand, hohe Qualität und Liefertreue, hochqualifizierte betriebliche Ausbildung, preisliche Wettbewerbsfähigkeit sowie große Preisstabilität im Inland und die einheitliche Währung im Euroraum. Wie in kaum einem anderen Bundesland hängt die wirtschaftliche Entwicklung im Saarland von der Entwicklung der Exporte ab.

Das Saarland hat in den vergangenen Jahrzehnten einen beeindruckenden Strukturwandel von der Montanindustrie hin zum Fahrzeug- und Maschinenbau erfolgreich bewältigt. Die mit Abstand bedeutendsten industriellen Arbeitgeber sind – bezogen auf die Beschäftigtenzahlen – die ZF Getriebe AG, der Saarstahl-Konzern, die Ford Werke GmbH, die AG der Dillinger Hüttenwerke sowie die Robert Bosch GmbH, wobei die Beschäftigtenzahl in den drei letztgenannten Firmen im Vergleich zu 2019 deutlich abgenommen hat.

Bei der sektoralen Struktur der saarländischen Exporte dominieren in herausragender Weise Fahrzeugteile und Fahrzeuge. So erfolgreich das Saarland damit bisher auch war, macht dies deutlich, dass mit der zunehmenden Digitalisierung und einer Abnahme der Bedeutung von Verbrennungsmotoren große Herausforderungen auf das Saarland zukommen. Insbesondere kleinere Zulieferbetriebe der Automobilindustrie werden von diesen Strukturveränderungen stark betroffen sein.

Vor diesem Hintergrund bedeutete die von Ford im Juni dieses Jahres getroffene Entscheidung, sein erstes vollständig selbst entwickeltes Elektroauto nicht in Saarlouis, sondern im spanischen Valencia zu bauen, einen herben Rückschlag.

Die Abnahme der Exporterlöse seit 2017 hat dazu geführt, dass trotz des gleichzeitigen Rückgangs der Importe das Saarland im Jahr 2020 zum ersten Mal seit vielen Jahren ein Außenhandelsdefizit auswies. Auch wenn Ex-und Importe 2021 wieder zunahmen, stieg das Außenhandelsdefizit sogar noch leicht an.

Die meisten saarländischen Exporte gingen 2020 nach Frankreich, gefolgt von den USA und dem Vereinigten Königreich. Hierbei sind die Exporterlöse im Handel mit dem Vereinigten Königreich im Vergleich zu 2015 um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Dabei spielten der Brexit und die folgende Abwertung des britischen Pfunds eine wesentliche Rolle.

Auf der Importseite dominieren Spanien und Frankreich das Bild, wobei die bedeutende Rolle Spaniens auf den Import des Seat nach Deutschland über die Firma MOSOLF in Überherrn zurückzuführen ist. Sektoral fallen die hohen Importe pharmazeutischer Erzeugnisse auf. Dies beruht im Wesentlichen auf einem erfolgreichen Geschäftsmodel von Firmen wie Movianto in Neunkirchen oder Kohlpharma in Merzig, billige importierte Medikamente entsprechend der deutschen Vorschriften zu beschriften und umzuverpacken.

Herr Groll ging in seinem Vortrag auch noch kurz auf die Bedeutung des Tourismus für die saarländische Wirtschaft ein. Diese Branche litt in den beiden vergangenen Jahren natürlich wie überall unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Gemäß den Ergebnissen einer Befragung hat der Anteil deutscher Unternehmen, die eine Zunahme von Hemmnissen bei ihren internationalen Geschäften befürchten, nach einem deutlichen Anstieg seit 2017 im Jahr 2021 wieder leicht abgenommen. Hierbei spielen insbesondere verstärkte Sicherheits- und lokale Zertifizierungsanforderungen und eine Rolle. Die Auswirkungen des russischen Krieges gegen die Ukraine und weiterer internationaler Spannungen lassen sich noch nicht abschätzen.

Im Anschluss an diesen sehr interessanten Vortrag stand der Referent für Fragen aus dem Publikum zur Verfügung. Oliver Groll hält bereits seit vielen Jahren regelmäßig Gastvorträge im Rahmen der Vorlesungen von Prof. Dr. Leonhard Firlus zu außenwirtschaftlichen Fragen.

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