Von Stolpersteinen und blinden Flecken
Wir nehmen Sie mit auf eine Reise durch die Saarbrücker Innenstadt, vom Nauwieser Viertel, über die Saarbahnhaltestelle an der Johanneskirche, die Bushaltestelle am Rathaus, das Rathaus, den St. Johanner Markt, das Staatstheater, bis hin zum Saarbrücker Schloss. Diese Orte kommen Ihnen vermutlich alle bekannt vor. Haben Sie die schon mal aus der Perspektive eines Menschen mit Behinderung wahrgenommen? Genau dies haben Studierende im Rahmen des Projektseminars im Masterstudiengang Freizeit-, Sport-, Tourismus-Management am 7. November 2022 gemacht.
Alle guten Dinge beginnen mit einem Kaffee. Dieser “Alltagsweisheit” stimmen vermutlich auch Lucienne und Jerome, zwei Menschen mit Mobilitätseinschränkung, und Peter, ein Geburtsblinder, zu. Die lockere Atmosphäre im Café Schrill war ideal für einen ungezwungenen Gesprächseinstieg. Natürlich ging es um Herausforderungen beim Reisen und im Alltag, aber eben nicht nur und nicht immer ausdrücklich. Vieles wurde einfach offensichtlich, sei es die Tischhöhe und damit die Unterfahrbarkeit mit dem Rollstuhl oder die Kuchenkrümel, die Peter auf dem Teller “übersehen” hatte. Auch diejenigen, die eher schüchtern am Start waren, haben schnell Berührungsängste abgebaut und dann sind alle gemeinsam los. Ein Blinder schiebt einen Rollstuhl, Sehende orientieren sich an Leitlinien …, an diesem Morgen wechseln alle ihre Perspektive und es entstehen intensive Gespräche über Barrierefreiheit, Inklusion und das Leben von Menschen mit Behinderung. „Exklusion ist immer dann, wenn es speziell für mich ein exklusives Angebot gibt“, bringt Jerome das Thema Inklusion treffend auf den Punkt.
Während der Erkundungstour aus einem neuen Blickwinkel haben wir uns viele Fragen gestellt: Wie komme ich mit meinem Rollstuhl ins Rathaus? Woher weiß ich, wann die nächste Saarbahn abfährt, wenn ich nichts sehe? Warum ist der Weg mit dem Rollstuhl ins Theatergebäude so kompliziert? Wie ist es, lange mit dem Rollstuhl über Kopfsteinpflaster zu fahren? Wie erkenne ich als blinder Mensch eine Baustelle, die nur mit ein paar Hütchen abgesperrt ist?
„Ich hab’ mich gefreut, mal mit anderen Augen zu sehen und mit anderen Füßen zu gehen, wenn man das so ausdrücken darf. Das war schon sehr bereichernd“, so fasste eine Studierende die Exkursion in der abschließenden Reflexionsrunde zusammen.
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