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genos (altgriechisch: Volk, Stamm) + caedere (lateinisch: töten) = Genozid

Der polnisch-jüdische Jurist Raphael Lemkin (1900-1959), dem nach dem deutschen Überfall auf Polen 1939 anders als seiner Familie die Flucht in die USA gelang, „erfand“ 1943 den Begriff Genozid.

Raphael Lemkin (undatiert), https://www.fritz-bauer-forum.de/shop/ohne-auftrag-autobiografie/

Sein Begriff und seine Definition wurden im Völkerstrafrecht und in der Presse umgehend übernommen. Raphael Lemkin nahm 1945 als Assistent des amerikanischen Chefanklägers Robert H. Jackson am Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess teil. Vor allem aber ist er Initiator und Autor der am 9. Dezember 1948 verabschiedeten „UN Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords“, mit der heute der Internationale Strafgerichtshof gegen Genozid als „crime of crimes“ vorgeht. 1955 erhielt Lemkin das deutsche Bundesverdienstkreuz. Er verstarb verarmt 1959 in Manhattan. Seine in einem jüdischen Archiv in New York wiederentdeckte handschriftliche Autobiografie wurde 2013 an der Yale University erstmals im englischen Original veröffentlicht. Soeben kam die deutsche Übersetzung auf den Markt.

Prof. Dr. Holger Buck, Professor für Internationales und deutsches Wirtschaftsrecht an der htw saar, wurde vom Mitherausgeber Prof. Dr. Joaquín González Ibáñez vom Berg Institut für Menschenrechte, Madrid, gebeten, die Übersetzung ins Deutsche juristisch zu begleiten. Seit Herbst 2019 arbeitete Prof. Buck beratend an der Übersetzung mit. Er konnte hierbei seine Kenntnisse in anglo-amerikanischer Rechtsterminologie und Rechtsgeschichte kombinieren. Allein das vermeintlich einfache Wort law fordert wegen der unterschiedlichen Rechtskonzeptionen die Übersetzung heraus; je nach kontextualer Verwendung in den späten 1950-er Jahren brachte Prof. Buck „Rechtsvorschrift“, „Gesetz“, „Recht“ oder „völkerrechtlicher Vertrag“ in die Übertragung ein. Ferner leistete Prof. Buck vielfältig Hilfestellung beim Anmerkungsapparat.

Nur Lemkins Verhandlungsstrategie und -geschick ist es zu verdanken, dass die Genozid-Konvention so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg geltendes Recht werden konnte. Diesen spannenden Lebenserinnerungen sind viele Leser zu wünschen.

Raphael Lemkin (2020). Ohne Auftrag. Autobiographie. Text von Donna-Lee Frieze übersetzt von Stephanie Arzinger. Eschenlohe: Buxus Edition. 421 Seiten. ISBN 978-3-9817614-3-6

 

 

Ergänzender Lesetipp: Philippe Sands (2017). Rückkehr nach Lemberg. Frankfurt: S. Fischer Verlag
Ergänzender Filmtipp: Watchers of the Sky (2014). www.imdb.com/title/tt2049589/

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